Postkarte aus Berlin: Mein verehrter Freund

Das Berghain ist umgezogen. Zumindest im Geiste. Eine Beobachtung im Museumsviertel.

Das hier war gestern. Bild: dpa

Mein verehrter Freund,

ich hab ihn heute morgen wieder gesehen, den Typen mit der Klarinette. Er stand auf der Brücke bei der Alten Nationalgalerie, gleich neben einem von diesen Händlern, die hier überall gefälschte Sowjet-Abzeichen und Pelzmützen verkaufen. Der Klarinettenmann ist das Beste an diesem ganzen komischen Museumsviertel, das an vielen Stellen aufgerissen und ausgebaut wird. Erst dachte ich, er spielt hier wegen all der Touristen, die vorbeikommen und Kleingeld in seinen Koffer schmeißen. Aber heute die Erkenntnis: Der Klarinettenmann ist wegen der Baustellen da!

Du kannst es nicht überhören. Er improvisiert auf seinem Instrument zu den Baggersounds, den Lastwagenmotoren und Vorschlaghämmern. Zusammen erschaffen sie herrlich schräge Berlin-Kompositionen, die sich im Spiel nicht wiederholen lassen. Sie verschwinden, sobald sie einmal in der Welt sind. Diese Brücke in Mitte ist gerade der Club der Stadt. Nur, damit Du Bescheid weißt, wenn Du das nächste Mal aus der Ferne zu Besuch kommst.

Mit vorzüglicher Hochachtung,

Deine Joanna

Am Samstag in der taz.Berlin Wochenendausgabe: Statt auf Brücken in Mitte pilgern junge Touristen nach Neukölln. Lange galt der Stadtteil als der Ort in Berlin, an dem alles möglich ist. Jetzt steht er in jedem Reiseführer. Was ist noch dran an Neukölln? Der Reality Check.

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