Besetztes Uni-Gebäude in Frankfurt: Die Räumung steht vor der Tür

Ein Gericht hat entschieden: Das seit Jahren besetzte „Institut für vergleichende Irrelevanz“ muss geräumt werden. Die Aktivisten wollen sich dagegen wehren.

Protestplakat vor dem Gebäude des IvI. Bild: dpa

FRANKFURT taz |In den kommenden Tagen könnte alles vorbei sein: Nachdem das Landgericht Frankfurt am Freitag entschieden hat, dass die BesetzerInnen des „Instituts für vergleichende Irrelevanz“ (IvI) das Gebäude im Kettenhofweg 130 verlassen müssen, könnte ein Polizeieinsatz diesen Beschluss bald in die Tat umsetzen.

„Wir gehen davon aus, dass in sehr absehbarer Zeit geräumt wird“, befürchtet Aktivist Rolf. Dann würde das IvI nach über neun Jahren aus dem Frankfurter Stadtbild verschwinden. Im Dezember 2003 besetzten Frankfurter StudentInnen und linke AktivistInnen – auch aus der antideutschen Strömung – das damals leerstehende Uni-Gebäude direkt gegenüber dem Campus Bockenheim. Seither veranstalten sie dort Diskussionen, Vorträge und Partys.

Jahrelang tolerierte die Frankfurter Goethe-Uni diese Besetzung, doch Anfang 2012 änderte sich das: Die Hochschule verkaufte das Gebäude für den günstigen Preis von rund einer Million Euro an die umstrittene Immobilienfirma Franconofurt. Mieterschützer sind nicht gut auf das Unternehmen zu sprechen, dessen Strategie die „konsequente Ausnutzung von Mietsteigerungspotentialen“ ist, so steht es etwa im Geschäftsbericht einer Tochterfirma.

Ein loser Zusammenhang

Nachdem die Besetzer des IvI sich im vergangenen Jahr weigerten, das Gebäude zu räumen, zog Franconofurt vor Gericht. Und dieses verurteilte am Freitag eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (GbR) namens „Institut für vergleichende Irrelevanz“ in Abwesenheit dazu, das Gebäude zu verlassen. Die Aktivisten kritisieren dieses Urteil: „Franconofurt hat das Konstrukt der IVI-GbR frei erfunden und das Gericht hat dies ohne juristische Prüfung einfach bestätigt“, so Sarah Schneider. „Wir waren nie eine GbR, sondern ein loser Zusammenhang von Aktivistinnen und erkennen den Beschluss nicht an.“

Auch die Studierendenvertretung (Asta) der Uni Frankfurt zeigte sich „erschüttert über das Räumungsurteil“ und beschuldigt die Uni, mit dem „klammheimlichen Verkauf“ diese Situation verschuldet zu haben. Der Streit um das IvI zieht sich nun schon etwa ein Jahr hin: Franconofurt erwirkte vor Gericht Veranstaltungsverbote – die Aktivisten diskutierten und feierten trotzdem. Kurzzeitig wurde sogar der Strom abgestellt.

Viele namhafte Wissenschaftler und Künstler sprachen sich für den Erhalt des IvI aus, unter ihnen der Philosoph Axel Honneth und der Filmemacher Alexander Kluge. Schließlich versuchte auch die Frankfurter Stadtpolitik vergeblich, den Streit zu lösen: Anträge von Piraten und SPD wurden auf die lange Bank geschoben. Die Grünen machten sich für eine Mediation stark, konnten sich aber nicht gegen ihren Koalitionspartner, die Union, durchsetzen.

400 demonstrieren für das IvI

Der Rechtsprofessor Günter Frankenberg war im Sommer 2012 als Mediator im Gespräch: „CDU und FDP waren aber wie auch die Uni gegen eine Mediation, weshalb es nie dazu kam“, erinnert er sich. Christian Wolf, Geschäftsführer von Franconofurt, schiebt der Politik die Verantwortung zu: „Wenn die Stadt Interesse an der Kulturarbeit des IvI hätte, dann müsste sie es mehr unterstützen und beispielsweise neue Räume zur Verfügung stellen, aber das geschieht nicht“.

Wenn die Besetzer nicht freiwillig das Gebäude verließen, „dann werden wir es von der Polizei räumen lassen und sie womöglich zivilrechtlich verfolgen.“, so Wolf. Vorher wolle er aber „versuchen, mit denen zu sprechen.„ Für den Erhalt des IvI demonstrierten am Freitagabend laut Polizeiangaben rund 400 Sympatisanten und IvI-Aktivisten in der Frankfurter Innenstadt. Ihr Credo: „Wir lassen uns nicht kleinkriegen.“ Außerdem kündigten Aktivisten im Internet weitere Besetzungen an. Ein Sprecher der Polizei bestätigte, dass ein Gebäude im Frankfurter Westend besetzt wurde, in dem früher das Sigmund-Freud-Institut untergerbracht war.

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