Stromausfall im Atomkraftwerk: Déjà-vu in Fukushima

Ein elektrischer Defekt legt die Kühlung fast aller Abklingbecken lahm – so wie vor zwei Jahren der Tsunami die Notstromaggregate ausschaltete.

Strahlenüberwachung von Arbeitern im Atomkraftwerk Fukushima I. Bild: reuters

TOKIO taz | Unerwartete Kühlprobleme haben das AKW Fukushima in die Krisenzeit nach der Atomkatastrophe vor zwei Jahren zurückversetzt. Am Montag um 19 Uhr Ortszeit fielen die Kühlkreisläufe für vier Abklingbecken in der Kraftwerksruine aus. Sofort gingen die Wassertemperaturen in den Lagern für verbrauchte Brennstäbe nach oben.

Im Abklingbecken von Reaktor 4 mit 1.550 abgebrannten Brennelementen, das in 30 Meter Höhe nur provisorisch abgedeckt unter freiem Himmel liegt, kletterte der Wert bis 10 Uhr vormittags auf 30,5 Grad Celsius. Doch Japans größter AKW-Betreiber Tepco verfiel in seinen bekannten Beschwichtigungston.

Ein Konzernsprecher versuchte die Öffentlichkeit mit der Aussage zu beruhigen, für die Reparaturen hätte man ja vier Tage Zeit. So lange werde es dauern, bis das Wasser im Abklingbecken von Reaktor 4 sich auf kritische 65 Grad erhitzt hätte.

In den Reaktoren 1 und 3 werde dieser Wert erst nach 14 beziehungsweise 26 Tagen erreicht. Bis dahin könnten die Brennelemente ohne Gefahr in den ungekühlten Becken liegen. Zudem sei man in der Lage, notfalls manuell frisches Kühlwasser in die Abklingbecken zu leiten, beteuerte der Tepco-Sprecher. Damit meinte er wohl die Feuerwehrfahrzeuge, die seit der Krise permanent auf dem AKW-Gelände stationiert sind, um im Notfall Abklingbecken und Reaktoren zu bespritzen.

Dennoch fühlte sich die japanische Öffentlichkeit so fatal an die wochenlange Unsicherheit nach den Kernschmelzen erinnert, dass Regierungssprecher Yoshihide Suga sich genötigt sah, bereits am Vormittag vor die Presse zu treten. Er versicherte, dass bisher keine Radioaktivität in Fukushima ausgetreten sei.

Dies wäre der Fall gewesen, wenn das Kühlwasser verdampft wäre und die Brennstäbe sich an der Luft entzündet hätten. Immerhin war die Zufuhr von Kühlwasser für die havarierten Reaktoren 1 bis 3 nicht beeinträchtigt. Dort war es nach dem Tsunami vom 11. März 2011 zu Kernschmelzen gekommen.

Im Tagesverlauf meldete Tepco schließlich Fortschritte bei der Instandsetzung der Kühlung. Zunächst wurden die Pumpen für das Abklingbecken über Reaktor 1 angeschaltet. Eine Zufuhr für das Abklingbecken über Reaktor 4 funktionierte ebenfalls wieder. Seine zweite Kühlleitung sollte am Mittwochmorgen 8 Uhr Ortszeit in Betrieb genommen werden.

Nur ein Provisorium

Auch das Abklingbecken mit 6.000 Brennstäben in dem Lager neben Reaktor 4 soll dann wieder frisches Wasser bekommen. Als mögliche Ursache gilt ein Defekt in einer Behelfsschaltanlage, an der auch die Filter für das verstrahlte Kühlwasser hängen. Die entscheidende Frage, warum diese wichtige Elektrik nach zwei Jahren immer noch provisorisch ist, blieb jedoch von Tepco unbeantwortet.

Im AKW Fukushima im Nordosten Japans war es infolge eines verheerenden Erdbebens und eines Tsunamis am 11. März 2011 in einigen Reaktoren zur Kernschmelze gekommen.

Es war das folgenschwerste Atomunglück seit dem Unfall von Tschernobyl im Jahr 1986. Die Umgebung wurde weiträumig radioaktiv verstrahlt. Große Teile Fukushimas wurden nach der Katastrophe geräumt.

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