Energie ohne Fracking: „Ein Schwert aus Glas“

Schleswig-Holstein kann in sieben Jahren ohne CO2-Emissionen seinen Energiebedarf decken. Und ohne Fracking, das alle Landtagsfraktionen ablehnen.

Für die Energiewende und gegen Fracking: Piratin Beer und Energieminister Habeck vor dem Kieler Landtag Bild: piraten

HAMBURG taz |In sieben Jahren wird die Energieerzeugung in Schleswig-Holstein ohne Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) möglich sein. Das stellte der grüne Energieminister Robert Habeck am Donnerstag in Aussicht: „Es gibt die Chance, im Jahr 2020 rechnerisch CO2-frei zu sein“, sagte er bei der Vorstellung der Energiebilanz 2011, welche das Statistikamt Nord erstellt hat.

Inzwischen wird im Land zwischen den Meeren zwei Drittel des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt, im Bundesdurchschnitt sind es 20,5 Prozent. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts sei dieser Anteil rechnerisch um 300 bis 400 Prozent zu steigern, so Habeck. Schleswig-Holstein würde somit vollständig klimaneutral und relativ zum größten Stromexporteur unter den deutschen Bundesländern. Zum gesamten Endenergieverbrauch (Wärme, Strom und Kraftstoffe) in Schleswig-Holstein dürften die erneuerbaren Energien rund 80 Prozent beitragen – bundesweit werden 18 Prozent bis 2020 angestrebt.

„Strom, Wärme und Mobilität gehören zusammen“, so Habeck, „bei Wärme und Mobilität sind wir aber noch weit von dem entfernt, was wir erreichen müssen.“ Dafür sei ein „Infrastrukturwechsel erforderlich: der Ausbau von Wärmenetzen und der Rückbau von Gasnetzen“.

Am Einsatz von Erdgas indes entzündete sich am Donnerstag eine heftige Debatte im Kieler Landtag über die Forderung der Piraten-Fraktion nach einem Moratorium beim Fracking. Das sei „ein Schwert aus Glas, das bricht, wenn es geschwungen wird“, glaubt Habeck. Zwar unterstützt die ehemalige Grüne und jetzige Piraten-Abgeordnete Angelika Beer im Grundsatz Habecks Kurs, Fracking durch Einführung strengerer Umweltverträglichkeitsprüfungen und eine Änderung des Bundesbergrechts zu verhindern. Ein sofortiges Moratorium sei aber notwendig, „um die Angst in der Bevölkerung beiseite zu räumen“.

In weiten Teilen des Landes wollen Energiekonzerne die Suche nach Erdgas und Erdöl intensivieren. Dabei soll das umstrittene Fracking-Verfahren eingesetzt werden, bei dem unter großem Druck Chemikalien im Erdboden Gasvorkommen freisetzen. Kritiker befürchten Bodensenkungen und eine Vergiftung des Grundwassers. Fünf Gebiete mit rund 8.000 Quadratkilometern Fläche – das entspricht der Hälfte von Schleswig-Holstein – sollen angeblich vom Bergbauamt zur Förderung freigegeben werden.

Habeck stellte klar, dass die bisher erteilten Aufsuchungserlaubnisse nach dem Bergrecht erteilt werden mussten. Sie berechtigten aber weder zu Bohrungen und schon gar nicht zum Fracking in der jeweiligen Region. Das Ministerium habe hier „keinen politischen Handlungsspielraum und muss sich an Recht und Gesetz halten“. Über den Bundesrat setzt sich Schleswig-Holstein für ein bundesweites Fracking-Verbot ein, das alle Fraktionen im Kieler Landtag im Dezember einhellig beschlossen hatten. Darauf sollten sich alle Parteien konzentrieren, forderte Habeck, sowie auf eine „Veränderungssperre in der Landesentwicklungsplanung“. Denn damit könnten Fracking-Pläne auch auf Landesebene verhindert werden. Und das sei, so Habeck, „ein Schwert aus Eisen“.

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