Oppositionsführer über Angola: „Unser Volk darf nicht weiter leiden“

Oppositionsführer Isaías Samakuva von der ehemaligen Unita-Rebellenbewegung über das wachsende Konfliktpotential in einem der reichsten Ölländer Afrikas.

Wasserversorgung in einem Randbezirk der angolanischen Hauptstadt Luanda. Bild: imago/Africa Media Online

taz: Angola ist einer der wichtigsten Ölproduzenten Afrikas und verdient daran Milliarden, aber Sie sagen, das Land ist ein Pulverfass. Wieso?

Isaías Samakuva: Weil die Lage so angespannt ist, dass das Volk massiv auf die Straße gehen könnte. Die Menschen haben kein fließendes Wasser; sie müssen Trinkwasser für viel Geld an Wasserstellen kaufen, die Generälen und Ministern gehören. Die Krankenhäuser, die funktionieren, gehören Regierungsmitgliedern und sind sehr teuer. Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch, und zugleich sehen die Menschen Chinesen, Portugiesen und Brasilianer, die ins Land kommen, um zu arbeiten.

Welche Anzeichen sehen Sie, dass das Land deswegen explodieren könnte?

Wir sprechen mit den Menschen. Wir sind präsent in den Slums von Luanda. Leute kommen zu uns und wollen, dass wir Demonstrationen organisieren. Es sind wir, die Unita, die für Zurückhaltung sorgt. Das erzeugt uns selbst Probleme, weil die Leute sagen: Die Unita hat Angst, sie will nichts für das Volk tun. Aber wir sagen: Angola ist erst vor kurzem aus einem Bürgerkrieg hervorgekommen, wir müssen vorsichtig sein, denn das Interesse des Landes besteht darin, Frieden zu wahren.

Es gibt neue Korruptionsanschuldigungen gegen die Regierung. Wie wichtig ist das?

66, führt Angolas größte Oppositionspartei Unita (Nationale Union für die Totale Unabhängigkeit Angolas). Die taz traf ihn in Brüssel; er bereist derzeit Europa.

Sehr wichtig, denn Angola ist ein reiches Land und der Reichtum befindet sich in den Händen von zwei oder drei Familien. Angola hat jetzt einen „Souveränen Vermögensfonds“, der die Öleinnahmen verwaltet, aber niemand weiß wie viel Geld da drin ist und was damit geschieht. Der Präsident hat seinen Sohn zum Leiter dieses Fonds ernannt. Solche Dinge sind inakzeptabel.

Der Fonds investiert im Ausland und kauft Unternehmensanteile.

Erdöl: Mit über 1,8 Millionen Barrel am Tag ist Angola (20 Mio. Einwohner) eines der beiden größten Ölförderländer Afrikas südlich der Sahara – knapp hinter Nigeria.

Regierung: Präsident Eduardo dos Santos regiert seit 1979 und ist Afrikas dienstältestes Staatsoberhaupt. Seine Familie und seine einst sozialistische Partei MPLA (Angolanische Volksbefreiungsbewegung) dominieren Politik und Wirtschaft.

Vetternwirtschaft: Am Montag wurde der Leiter des Souveränen Vermögensfonds, der Angolas Ölmilliarden verwaltet, Finanzminister. Neuer Fondsleiter wird angeblich Präsidentensohn José Filomeno dos Santos.

Aber niemand weiß, ob diese Anteile Angola gehören oder den Privatpersonen, die Angola regieren. Wir werden dies im Parlament ansprechen. Das angolanische Volk muss erfahren. wie viel Geld in diesem Fonds liegt, wie es verwaltet wird und wer es kontrolliert. In London habe ich erfahren, dass für die Parlamentsabgeordneten Jaguar-Autos für je 60.000 Dollar gekauft wurden. Die Regierung hat dafür aber 200.000 pro Auto angegeben. Wo ist die Differenz?

Sie wollen das im Parlament ansprechen, aber im Parlament hält die Opposition 46 von 221 Sitzen und Sie beklagen auch, dass die Regierungspartei die Tagesordnung des Parlaments kontrolliert. Wird das also klappen?

Als unser Fraktionschef zuletzt vor einigen Wochen im Parlament sprechen wollte und der Parlamentspräsident das verhinderte, verließ er den Saal und hielt im Flur eine Pressekonferenz. Wenn wir also im Parlament nicht debattieren können, finden wir einen anderen Weg.

Welchen?

Wir werden das Problem mit den internationalen Institutionen besprechen.

Angola ist ein souveräner Staat. Die UNO oder die Weltbank können also nicht viel tun, damit das Land besser regiert wird.

Das ist doch das Problem. Bei Ländern wie Tschad oder Guinea können Weltbank und IWF sehr wohl Druck ausüben, aber bei Angola halten sie still. Unser Volk darf aber nicht weiter leiden, bloß weil Angola so reich ist.

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