Studie zu Politik im Netz: Weiterleiten als Wahlkampf

Das Internet ist wichtig. Auch für Politiker. Das und noch ein bisschen mehr ist das Ergebnis einer Studie, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Die Kanzlerin im Netz, im Google „Konferenzmedium“ gar. Bild: dpa

BERLIN taz | „Noch 138 Tage rummerkeln an der Türkei“, dann ist Schluss mit Schwarz-Gelb. Diese Parole ruft heute der Abwählkalender der Grünen ins Netz. Auf den Klick folgen drei Absätze zum Thema EU-Beitritt der Türkei und die Möglichkeit, sich mit den 72 vorangegangenen Anit-Merkel-Argumenten zu versorgen.

Man weiß ja nie, was der rhetorische Duellant so kann. Es gilt ihn zu überzeugen. Der Kalender selbst ist Teil des Online-Wahlkampfes der Grünen, den selbstredend auch alle anderen Parteien führen. Bei Twitter, Facebook, Google+ und so weiter. Gefährlich ist die Sache natürlich auch. Das Netz vergisst bekanntlich nicht.

Es ist also nicht ganz überraschend, dass das Internet für Wahlkampf von Bedeutung ist. Zu diesem Ergebnis kommt die heute in der Bundespressekonferenz vorgestellte Studie „Demokratie 3.0 - Bedeutung des Internets für den Bundestagswahlkampf und die politische Partizipation“, die der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation, Telekommunikation und neue Medien e.V., kurz BITKOM, in Zusammenarbeit mit dem Forsa-Institut erarbeitet und heute in Berlin vorgestellt hat. Dieses Internet traf sich gleich um die Ecke schon den zweiten Tag auf der Re:publica.

Anders als der Titel und die Einleitung suggerieren, kümmert sich die Studie fast ausschließlich um den Wähler, weniger die Kämpfer. Abwählkalender und andere Online-Kampagnen bleiben außen vor. Bei 1000 Wahlberechtigten wurden drei wesentliche Themen abgefragt: die Mediennutzung der Bürger bei politischen Themen, die Bedeutung des Internets und speziell der sozialen Medien für den Bundestagswahlkampf sowie die Teilhabe der Wähler an politischen Prozessen per Internet.

Dass junge Leute heute einfach keinen Festnetzanschluss mehr haben, habe die Umfrage nicht beeinflusst, stellte Manfred Güllner, Gründer und Geschäftsführer des Forsa-Instituts, fest. Er und Dieter Kempf, Präsident des BITKOM, die gemeinsam auf dem Podium saßen, besitzen noch einen Festnetzanschluss und erklären das Internet des Wählers.

Gleich hinter den anderen

Ein gutes Drittel der Wahlberechtigten glaubt, dass für die Bundestagswahl im Herbst entscheidend ist, wie die Parteien das Internet nutzen. Gut also, dass die Parteien im Netz auf Stimmenfang gehen. Außerdem lesen die Menschen im Internet Zeitung. Im Schnitt informieren sich 60 Prozent der Wahlberechtigten online. Damit rangiert das Netz insgesamt auf Platz vier der wichtigsten Informationsquellen, gleich hinter Fernsehen, Tageszeitung und Radio.

Gelesen werden überwiegend die Webseiten der klassischen Medien. Trotzdem sei er über die 42 Prozent „Silberrücken“, die Befragten ab 60 Jahre, die sich online über das politische Geschehen informieren, überrascht gewesen, so Kempf. Später sprach er noch vom Google „Konferenzmedium“, dass die Kanzlerin so gekonnt nutze.

Am Wahlkampf selbst beteiligt übrigens sich fast jeder Dritte. Wobei: Schon eine weitergeleitete E-Mail macht im Kontext der Studie einen Nutzer zum Wahlkämpfer.

Klicken oder Klinken putzen

Auch eine Stimmabgabe im Netz könnten sich mittlerweile mehr als die Hälfte der Wähler vorstellen. Das Internet wird zur Alternative der Briefwahl und weckt die Hoffnung auf eine größere Wahlbeteiligung. „Das Internet ist aber kein Allheilmittel“, sagte Manfred Güllner und verweist auf die Tatsache, dass das Desinteresse vor allem in der Lokalpolitik kaum auf die Art und Weise der Stimmabgabe zurückzuführen sei.

Am Ende sind doch nochmal die Parteien an der Reihe. Diskutiert wurde, auch im Hinblick auf den von Obama sowohl mit Social Media als auch Klinkenputzen gewonnen Wahlkampf, ob das Internet die bessere Alternative ist oder ob die SPD mit ihren geplanten Hausbesuchen Erfolg haben könnte. „Es geht dabei um den Standard-Vorwurf, dass Politiker nicht mehr zuhören“, sagte Prof. Güllner und stellte klar: „Wo Politiker zuhören, ist eigentlich egal. Das Sich-Unterhalten ist die richtige Strategie, egal wo“.

Und so macht er klar, dass es nicht ausreicht, ein Twitter-Profil anzulegen und von Dritten bestellen zu lassen. Es geht um das Zuhören und Reagieren. Auch im Netz – Damit man den Erwartungen der Wähler gerecht wird. Die glauben nämlich zu einem großen Teil, dass gute Politiker das Internet zum Austausch im direkten Dialog nutzen sollten.

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