Finale Europa League: Nur prestigeträchtiger Trost

Der FC Chelsea kann im Finale der Europa League gegen Benfica Lissabon die Saison mit einem Titelgewinn abrunden. Euphorie löst das nicht aus.

Saisonfinale in Amsterdam: Die Blues wollen auch gegen Benfica jubeln. Bild: dpa

LONDON/AMSTERDAM taz | John Terry kann wegen einer Knöchelverletzung leider nicht im Europa-League-Finale gegen Benfica Lissabon (Mi., 20.15 Uhr, kabel eins und im Livestream) spielen, aber seine Schienbeinschoner hat der Kapitän natürlich trotzdem eingepackt. Chelsea bestätigte, dass der 32-Jährige im Falle eines Sieges in der Amsterdam-Arena den Pokal mit in die Höhe stemmen dürfe, wie vor einem Jahr in München – Terry, für das Champions-League-Endspiel gesperrt, erschien nach dem Schlusspfiff stolz in voller Spielermontur zur Siegerehrung.

Die Geschichte könnte sich am Mittwoch auch in anderer Hinsicht wiederholen. Mit Rafael Benítez steht schon der dritte Chelsea-Interimstrainer in einem europäischen Finale. Vorgänger Roberto Di Matteo gewann in dieser Funktion den Europapokal, Avram Grant verlor 2008 im gleichen Wettbewerb mit Michael Ballack im Elfmeterschießen. Vielleicht haben die Übungsleiter ohne feste Anstellung mehr Handlungsspielraum im Klub des launischen Rohstoff-Oligarchen Roman Abramowitsch – sie müssen sich nur um die Gegenwart kümmern.

Benítez zum Beispiel rotiert seit Wochen den Kader ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten des Ancien Regime um Terry und Frank Lampard, der gegen die Portugiesen voraussichtlich nicht in der Startelf stehen wird. „Wir müssen das Beste aus dem Kader herausholen“, sagte der 53-Jährige; 67 Pflichtspiele haben an der Kondition gezehrt.

Nach dem 2:1-Sieg in der Liga bei Aston Villa haben die drittplatzierten Blues das Minimalziel, die Qualifikation für die Champions League, fast schon sicher; nun können die West-Londoner nach Juventus, Ajax und dem FC Bayern der vierte Klub werden, der alle drei europäischen Pokale gewinnt.

Wechselhafte Leistungen

Mehr als ein prestigeträchtiger Trost für das frühe Aus in der Gruppenphase der Königsklasse und wechselhafte Leistungen in der Meisterschaft kann ein Sieg in der Europa-League jedoch nicht bedeuten. „Um Platz vier zu spielen kann nicht unser Anspruch sein“, sagt Lampard. Wie viel – oder wie wenig – der zweitwichtigste europäische Wettbewerb den Blauen wirklich wert ist, wurde in einer kuriosen Einlassung von David Luiz offenbar. „Wir sind immer hungrig auf Titel“, sagte der brasilianische Verteidiger, „im letzten Jahr habe ich Fleisch gegessen, jetzt gibt es eben Huhn.“ Enthusiasmus hört sich doch etwas anders an.

Ungewöhnlich an diesem Finale ist aus Londoner Sicht auch, dass in Amsterdam keinerlei Weichen gestellt werden, von dem Resultat hängt nicht viel ab. Benítez, der bei den Fans wegen seiner Vergangenheit als Liverpool-Coach ungeliebte Spanier, verlässt unabhängig vom Resultat den Klub im Sommer; „ich suche nach einem neuen Job in der Premier League“, gab der 53-Jährige vor der Abreise in die Niederlande offen zu.

Unabhängig vom Ausgang in Amsterdam wird es für „Rafa“, wie ihn die Spieler rufen, schwer, in England Fuß zu fassen – für den englischen Geschmack verfügt er nicht über genügend Siegeraura. Dieses Problem hat José Mourinho nicht. Der 50-Jährige, der im September 2007 nach einem Streit mit Abramowitsch gefeuert wurde, wird an die Stamford Bridge zurückkehren, das steht offenbar seit Wochen fest.

Alternativlose Kombination

Der Russe hat sich mit dem Portugiesen schon lange ausgesöhnt, man will es noch einmal miteinander versuchen – auch, weil beiden Parteien die Alternativen fehlen. Nur die Modalitäten von Mourinhos Wechsels von Real Madrid sind noch zu klären.

Abramowitsch ist nicht bereit, den Spaniern eine Abfindung für einen Trainer zu zahlen, den diese nach vielen Querelen nur allzu gerne feuern würden. Andererseits hofft Madrid, dass der Egomane aus freien Stücken geht, weil ihm sonst eine zweistellige Millionensumme zusteht.

In London wird spekuliert, dass „The Special One“ als erste Amtshandlung Lampard einen neuen Vertrag anbieten könnte, die perfekte PR-Aktion wäre es auf jeden Fall. Chelsea hat dem 34-Jährigen, der mit zwei Treffern gegen Villa am Samstag zum Rekordtorschützen des Vereins wurde (203 Treffer), bisher noch keine Verlängerung seines endenden Vertrags angeboten – sehr zum Unmut der Fans. John Terry ist, das ist die gute Nachricht für alle Freunde der alten Garde, im nächsten Jahr auf jeden Fall noch dabei, sein Vertrag läuft noch bis 2014.

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