Energiewende: Sauberer Abfall

In Findorff wurde die Modernisierung des Müllheizkraftwerks gefeiert. Dreimal so viel Strom und Fernwärme kommt nun aus der gleichen Menge Müll

Vom Kraftwerkskessel zur neuen Dampfturbine: Rohre im Müll-Heiz-Kraftwerk. Bild: jpb

Süßlich und faulig riecht es, als sich die Herren in den Anzügen den symbolischen Schlüssel übergeben. Sie feiern den Abschluss der umfassenden Modernisierung der Müllverbrennungsanlage in Findorff. Drei Jahre hat es gedauert, nun ist alles effizienter: Die gleiche Menge Müll erzeugt das Dreifache an Energie. Der Clou: Vom Umweltgift Kohlendioxid wird nicht mehr produziert als vorher.

Doch woher kommt der Geruch? Er stammt nicht vom Müll, sondern aus den offenen Wasserbassins der Firma Hanse-Wasser, gleich nebenan, zwischen A 27 und Unisee. Zwar ist auch das, was aus dem Schornstein des Müllheizkraftwerks aufsteigt, nicht geruchsneutral, aber dennoch zigfach gefiltert. Auch giftige Dioxine sind kein Problem mehr. SWB-Vorstandvorsitzender Torsten Köhne spricht die Zeiten ganz offen an, in denen Müllverbrennungsanlagen das Symbol für die Vergiftung der Umwelt waren – und das Hassobjekt der Grünen. Doch die Zeiten sind vorbei. Das sagt SWB-Chef Köhne, das sagt auch das Umweltbundesamt: „Durch strenge Regelungen spielen Müllverbrennungsanlagen heute bei den Emissionen von Dioxinen, Staub und Schwermetallen keine Rolle mehr“, heißt es in einem Positionspapier von 2005. Die Anforderungen sind streng, es gelten Mindesttemperaturen für die Verbrennung. Die neuen Kraftwerkskessel etwa erzeugen bei einem Druck von 40 bar 400 Grad.

Einst, Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er-Jahre hatte die Bremer Müllverbrennungsanlage wegen Dioxin-Belastungen noch bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Sie sollte geschlossen, der Müll nach Bremerhaven geschafft werden. „Eine bemerkenswerte Diskussion“, nennt das heute SWB-Chef Köhne. Auch die Grünen finden es mittlerweile richtig, dass die SWB hier investiert, „absolut sinnvoll“ nennt es die grüne Energiepolitikerin Anne Schierenbeck, denn der Müll müsse ja verbrannt werden und Strom könne man nicht genug haben.

Für 80 Millionen Euro wurde eine neue Dampfturbine angeschafft und dazu zwei neue Verbrennungskessel, die nötig sind, um sie zu betreiben. Aus den jährlich 550.000 Tonnen Hausmüll, die Laster aus Bremen und dem Umland ankarren, gewinnt die SWB nun 330.000 Megawattstunden Strom, das ist genug für 130.000 Haushalte. Dazu kommen 213.000 Megawattstunden Fernwärme, mit der die nahe Universität und die Stadtgebiete Horn-Lehe und Weidedamm versorgt werden. Die Leistung der Dampfturbinen stieg von 15 Megawatt auf 50 Megawatt. Wären das Windräder, könnte man die Leistung so ausdrücken: Dort, wo sich vorher drei Windräder drehten, wären es nun zehn – zumindest, wenn es die 5-Megawatt-Mühlen wären, und die ragen ja eigentlich nur Offshore auf Tripod-Stelzen aus dem Wasser.

Die SWB sucht die Nähe zu diesen regenerativen Energien. Nach der Renovierung seien „von der CO2-Seite her 50 Prozent Ökostrom“, sagt Jan-Uwe Freitag, Geschäftsführer für den Bereich Entsorgung. Eine „Investition in den Umweltschutz“ sei die Anlage nun, die zusätzliche Leistung „grüne Megawatt“.

Zur Energiewende freilich passt das Müllheizkraftwerk nur mäßig. Gebraucht werden dazu eher flexible Energie-Erzeuger, etwa Gaskraftwerke, die Strom produzieren, wenn gerade nicht die Sonne scheint oder der Wind weht. Ein Müllheizkraftwerk aber ist träge und langsam und ohnehin vor allem auf Fernwärme ausgelegt.

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