Tod im Dienst der Wissenschaft: Wal-Schlachten vor Gericht

Japan macht im Walschutzgebiet Südmeer Jagd auf Meeressäuger. Vor allem Australien kämpft dagegen an. Nun muss Den Haag entscheiden.

Schlachthof Schiff. Als Delikatessen gelten unter anderem Zunge, Schwanzflosse und Magen der Wale Bild: dpa

TOKIO taz | Es ist eine juristische Machtprobe, die in jedem Fall richtungsweisend enden wird: Australien und Japan streiten ab Mittwoch vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag über die Rechtmäßigkeit des Walfangs im Südmeer vor der Antarktis.

Japan besteht darauf, jährlich 935 Zwergwale und je 50 Finn- und Buckelwale fangen zu dürfen, obwohl Australien die Gewässer 1999 zum Walschutzgebiet erklärt hat. Australien stellt vor allem die japanische Begründung in Frage, dass die Wale zu rein wissenschaftlichen Zwecken getötet würden.

Ginge es um kommerzielle Jagd, würde Japan das Walfangmoratorium von 1986 verletzen. Die Entscheidung des Gerichts wird zum Jahresende erwartet und kann dann nicht mehr angefochten werden.

5.000 Tonnen Walfleisch auf Eis

Die Tierschützer der Nichtregierungsorganisation Sea Shepherd erwarten ein Urteil zugunsten von Australien. Ein eindeutiges Indiz gegen Japan sieht Bob Brown, der Chef der australischen Sektion, darin, dass das Land „viel Geld dafür ausgibt, um Walfleisch auf dem freien Markt zu verkaufen“.

Wegen mangelnder Nachfrage liegen in Japan fast 5.000 Tonnen Walsteaks, -schwanzflossen und -zunge tiefgefroren auf Halde. Sollte das Gericht die Jagd auf die Meeressäuger für zulässig erklären, wollen die Tierschützer ihre Proteste im Südmeer fortsetzen.

Erfolgreiche Störmanöver von Sea Shepherd

In diesem Jahr haben sie dabei bereits einige Erfolge vorzuweisen: In der jüngsten Jagdsaison konnte die japanische Flotte wegen der Störmanöver von Sea Shepherd nur 103 Zwergwale abschießen.

Seit mehr als zwanzig Jahren habe Australien auf diplomatischem Weg vergeblich versucht, die Waljagd zu stoppen, erklärte Justizminister Mark Dreyfus in Canberra. Daher habe man sich mit seinem „Freund“ Japan darauf geeinigt, den Konflikt vor dem Internationalen Gerichtshof auszutragen.

Mit Unterstützung von hochrangigen Anwälten wird Dreyfus in Den Haag persönlich argumentieren, dass Tokio ein Schlupfloch im Fangmoratorium ausnutze. Zwischen 1987 und 2005 habe Japan 6.500 antarktische Zwergwale getötet. In den mehr als drei Jahrzehnten vor dem Moratorium seien jedoch nur 840 Wale für Forschungszwecke erlegt worden. Mit dieser Unverhältnismäßigkeit verletze Japan seine Verpflichtung aus dem Fangvertrag, wonach das „Null-Limit für Waltötungen in gutem Glauben zu beachten“ ist. 14 Millionen Euro hat die australische Regierung für den Justizkrieg gegen Japan bereits ausgegeben.

Japan gibt sich als Hüter der Tradition

Doch auch Japans Außenminister Fumio Kishida gibt sich ganz siegessicher. „Unser Walfang ist ein wissenschaftliches Vorhaben nach Artikel 8 der Internationalen Walfangkonvention“, sagt er. Tatsächlich erlaubt diese Klausel die Tötung selbst von gefährdeten Arten wie Buckel- und Finnwalen für wissenschaftliche Untersuchungen sowie den Verkauf der erbeuteten Tiere. Man werde diesen Punkt in Den Haag deutlich machen, kündigte Kishida an.

Im Februar hatte Fischerei-Minister Yoshimasa Hayashi erklärt, Japan werde niemals auf die Waljagd verzichten. Dafür gebe es eine viel zu „lange Tradition und Kultur“. Bei der Anhörung wird Japan durch seinen Vize-Außenminister Kojij Tsuruoka vertreten.

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