Proteste gegen Überwachung: Deutschland nicht vergessen

Über 10.000 Menschen demonstrieren bundesweit. Parteien nutzen die Gelegenheit für Wahlwerbung. Weitere Aktionen sind bereits angekündigt.

Die Kritik an der Bundesregierung ist nicht zu übersehen Bild: reuters

BERLIN taz | „Eigentlich müssten hier Hunderttausende stehen", begrüßt ein Organisator die Demonstrationsteilnehmer in Berlin, „es geht gegen die Verletzung unserer Grundrechte!“ Bei brennender Sonne und über 30 Grad haben sich am Heinrichplatz im Stadtteil Kreuzberg rund 800 Menschen eingefunden. Die Zahl wird sich auf der Demonstration noch verdoppeln.

Unter dem Motto „Stop watching us!“ demonstrieren sie gegen die großflächige Überwachung, die durch die Enthüllungen Edward Snowdens bekannt geworden ist. Wie hier haben sich in 30 deutschen Städten insgesamt gut 10.000 Menschen zusammengefunden, um das Recht auf Privatsphäre und den Schutz von Whistleblowern einzufordern. In Hamburg werden über 2.000 Teinehmer gezählt.

Die Transparente in Berlin weisen darüber hinaus auf die Überwachung durch deutsche Geheimdienste, den Prozess gegen Bradley Manning und die Konzernmacht von Facebook, Google und Apple hin. In einer der Reden zur Auftaktveranstaltung spricht der Redner aber auch lange über Freiheit für Gustl Mollath und die Machenschaften in der Bankenindustrie: „Wir reden über die NSA, Prism und Snowden, aber es reicht nicht, mit dem Finger immer auf das böse Amerika zu zeigen. Auch wir in Deutschland haben schützenswerte Personen."

„Ich bin so empört, ich habe sogar ein Schild gemacht!“ steht auf einem der Plakate. „Ich glaube nicht, dass wir wirklich etwas bewegen können", meint ein Teilnehmer, „aber ich möchte trotzdem auf die Straße gehen, um zu zeigen, dass ich mit der Überwachung nicht einverstanden bin.“

Piraten, Grüne, Linke

Auch der Bundestagswahlkampf macht sich bemerkbar. Die Parteien, präsent mit großen Fahnen, geben sich optimistischer als viele der Teilnehmer: „Wir werden so lange laut sein, bis die Gedanken wieder frei sind!", ruft Bruno Kramm, bayerischer Spitzenkandidat der Piratenpartei.

„Natürlich können wir etwas bewegen, wir müssen auf der Straße und im Parlament Druck machen, damit die Bundesregierung endlich handelt", kommentiert Daniel Wesener, Landesvorsitzender der Grünen Berlin. Die Diskussionen im Vorfeld, ob Parteiflaggen überhaupt erlaubt sein sollen, sind vergessen. Grüne und Piraten dominieren das Bild, auch die Linken sind gekommen.

Für Montag ist in Berlin schon die nächste Aktion angekündigt: Die „Digitale Gesellschaft“ ruft zu einem Spaziergang zum neuen BND-Gebäude in Berlin auf. Ziel ist es, das Augenmerk mehr auf die deutschen Geheimdienste zu lenken.

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