In der Türkei lebende Deutsche: Plötzlich ausgebürgert

Weil sie eine Verwaltungsfrist versäumt hat, verliert Rebekka Haas-Cetin ihren deutschen Pass. Sie aber will ihre Staatsbürgerschaft zurück.

Bundesbürger, die im Ausland leben und ausgebürgert werden, haben keine Chance, ihren deutschen Pass zurück zu bekommen. Bild: missdike / photocase.com

KÖLN taz | Optisch ist Rebekka Haas-Cetin eine Vorzeigedeutsche. Ihre Haare sind blond, die Augen blau. In ihrer Stimme liegt ein süddeutscher Tonfall, sie ist im badischen Rottweil aufgewachsen. Die 48-jährige Kamerafrau lebt seit 1989 mit ihrem Mann, dem Filmemacher Sinan Cetin, und ihren Kindern im Istanbuler Stadtteil Taksim.

Sie wäre glücklich, aber etwas lässt ihr keine Ruhe: Sie ist keine Deutsche mehr. Vor zwei Jahren musste sie Reisepass und Ausweis im deutschen Konsulat in Istanbul abgeben – weil sie eine Verwaltungsfrist versäumt hatte. „Ich möchte meinen deutschen Pass wiederhaben“, sagt sie. Das aber soll ihr verwehrt werden.

Die Doktrin des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts, Mehrstaatigkeit zu vermeiden, stellt nicht nur in der Bundesrepublik lebende Menschen mit ausländischen Wurzeln vor Probleme. Auch im Ausland wohnende Deutsche kämpfen damit. Tausende haben die deutsche Staatsbürgerschaft gegen ihren Willen verloren, schätzt der Verwaltungsjurist Meinhard Ade, der unter Richard von Weizsäcker im Bundespräsidialamt die Abteilung Innenpolitik leitete. Jetzt versucht der Anwalt, Exbundesbürgern zu helfen, vom Ausland aus den deutschen Pass zurückzubekommen.

Sind sie Bürger eines anderen EU-Landes, ist das einfach. Für jene aber, die außerhalb der EU leben, ist die Wiedereinbürgerung fast unmöglich. Nicht die Rechtslage sei dafür verantwortlich, sagt der Jurist. Das zuständige Bundesverwaltungsamt in Köln verhindere Wiedereinbürgerungen. „Ich halte das nicht für rechtmäßig“, sagt Ade.

Beibehaltungsurkunde mit Verfallsdatum

Das Bundesverwaltungsamt verweigert eine Stellungnahme. Dafür sind die Mitarbeiter in Schreiben an Ausgebürgerte umso deutlicher. Die Bundesrepublik müsse von ihrer Einbürgerung profitieren, heißt es etwa in einem Brief an eine ehemalige Deutsche, die im Nahen Osten lebt und ungenannt bleiben möchte. „Da das sehr selten nachgewiesen werden kann, werden die meisten Einbürgerungsanträge abgelehnt“, schreibt der Sachbearbeiter an die Antragstellerin.

Das Problem: Wiedereinbürgerungen liegen im Ermessen des Bundesverwaltungsamts. „Das Bundesverwaltungsamt legt das so aus, dass es alle Anforderungen, die nur denkbar sind, an die Einbürgerungswilligen stellt“, kritisiert Anwalt Ade. Als Hausfrau verfüge sie über kein eigenes Einkommen, heißt es etwa in einem Ablehnungsbescheid an eine weitere im Nahen Osten lebenden Frau.

Aber auch wohlhabend zu sein, reicht nicht. Die Wiedereinbürgerung muss „im Interesse Deutschlands“ liegen. Wie soll sie das nachweisen, fragt sich Rebekka Haas-Cetin. Als sie einen Olivenhain erwerben will und erfährt, dass in der Türkei nur Türken Land kaufen können, beantragt sie die dortige Staatsbürgerschaft. Um zugleich den deutschen Pass zu behalten, braucht sie laut Staatsbürgerschaftsrecht eine „Beibehaltungsgenehmigung“. Erst als sie diese Urkunde hat, beantragt sie die türkische Staatsbürgerschaft.

Die Einbürgerung dauert vier Jahre. Ohne Argwohn meldet sie dem deutschen Konsulat den Erhalt des türkischen Passes. Und ist geschockt: Die Beibehaltungsurkunde hat ein Verfallsdatum von zwei Jahren. Weil sie vergessen hat, sie fristgerecht verlängern zu lassen, wird Rebekka Haas-Cetin nun ausgebürgert. Ihre Mutter in Rottweil? Darf sie nur noch mit einem Visum besuchen. Sie sagt: „Es ist ein Missverständnis, ich bin ja Deutsche.“

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