Holocaustleugner darf nicht einreisen: Kein Vortrag zu „Meinungsfreiheit“
Der britische Holocaustleugner David Irving wollte nach 20 Jahren Einreiseverbot in Berlin auftreten. Das hat das Münchner Verwaltungsgericht verhindert.
BERLIN taz | Pünktlich zum Ende seines zwanzigjährigen Einreiseverbots wollte er wieder in Deutschland auftreten, und das gleich in der Hauptstadt. Für kommenden Dienstag hatte der britische Holocaustleugner David Irving seinen Vortrag in Berlin geplant, ein "einmaliges Erlebnis" versprochen. Daraus wird nun nichts.
Im Oktober 2012 hatte das Münchner Verwaltungsgericht entschieden, das zwanzigjährige Einreiseverbot Irvings ab März 2013 aufzuheben. Gerichtssprecher Dietmar Wolff bestätigte nun der taz, dass eine Beschwerde des Münchner Verwaltungsreferats gegen die Aufhebung vorliegt. Es brauche daher eine zweitinstanzliche Entscheidung. Diese sei vor Dienstag nicht mehr zu erwarten, so Wolff. Und: "Bis zur Entscheidung gilt das Einreiseverbot vorläufig weiter." Damit wäre der Vortrag passé.
München will Irving gar bis 2022 nicht mehr einreisen lassen. Ihren jetzigen Einspruch begründet die Stadt damit, dass eine Gesinnungsänderung des Rechtsextremisten nicht ersichtlich sei und von diesem weiter eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehe.
Irving war 1993 die Einreise nach Deutschland und in andere Länder untersagt worden, nachdem er die Judenvernichtung wiederholt als "Propagandalüge" bezeichnet hatte. In Berlin wollte der 75-jährige Historiker am Dienstag über "Meinungsfreiheit und die Gefährdung wahrer Geschichtsschreibung" sprechen. 91 Euro sollte der Abend kosten. Der Vortragsort wurde geheim gehalten. Irving selbst sprach nur von einem Hotel nahe dem Kurfürstendamm.
Der Brite räumte gegenüber der taz das Einreiseverbot ein. Er habe am Montag von der deutschen Botschaft in London schriftlich eine "Warnung" erhalten, dass er weiter keinen deutschen Boden betreten dürfe. Die "äußerst unklare Lage" werde nun von seinem Anwalt geprüft. Auf Irvings Internetseite ist der Berlin-Vortrag aber bereits verschwunden. Er selbst behauptet, er habe auf dem Vortrag weder über den Holocaust sprechen wollen noch sonst eine "gesetzeswidrige Handlung" vorgehabt. Das Auswärtige Amt bestätigte, mit dem Vorgang beschäftigt zu sein. Aufgrund des "laufenden Verfahrens" wollte man sich dort aber nicht äußern.
In Berlin hatte sich bereits ein Protestbündnis gegen den Auftritt des Rechtsextremisten gebildet, an dem sich auch der Hotel- und Gaststättenverband beteiligte. Rund 30 Hotels hatten Irving in ihren Buchungssystemen gesperrt. Jörg Steinert, Bündnissprecher und Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg, nannte das verlängerte Einreiseverbot einen "größtmöglichen Erfolg". "Geistige Brandstifter, die Opfer des Nationalsozialismus diffamieren, sind in Berlin nicht willkommen."
Auch für Levi Salomon vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus, das zum Bündnis gehört, ist das verlängerte Verbot eine "freudige Botschaft". "Es ist unerträglich, Holocaustleugner auf deutschen Boden zu lassen. Für solche Menschen ist hier kein Platz."
Beim Münchener Gericht hieß es, einzig eine vorübergehende Erlaubnis des gastgebenden Bundeslandes könne das Einreiseverbot noch aufheben. Die aber liege nicht vor, betonte ein Sprecher der Berliner Innenverwaltung. Beim Verfassungsschutz hieß es, man werde nun genau verfolgen, ob Irving dennoch einzureisen versuche.
Der Rechtsextremist ist momentan in Polen unterwegs, besucht dort ehemalige Konzentrationslager. Er kündigte an, den Berlinbesuch "in einigen Monaten" nachzuholen, sollte es ihm bis Dienstag nicht mehr möglich sein einzureisen. "Mit solchen Mitteln bin ich nicht zum Schweigen zu bringen." Das Gegenbündnis will auch im Fall eines neuerlichen Vortragversuchs protestieren. "Wir stünden bereit", sagte Jörg Steinert. "Der Zuspruch für unser Anliegen ist groß. Irving würde es schwer haben, eine Plattform zu finden."
Leser*innenkommentare
RedHead
Gast
Ich finde es schade, dass sich unsere Demokratie nicht zutraut, Vollpfosten wie Irving auszuhalten. Meinetwegen sollen sich die Holocaustleugner halt lächerlich machen, ist denn wirklich zu befürchten, dass diese die Gesellschaft aufhetzen, dass sie nochmal auf die Juden losgeht? Falls ja haben wir meiner Ansicht nach noch ganz andere Probleme.
Klarsteller
Gast
Find ich gut, dass der nicht einreisen darf. Der würde das Staatswesen ja in seinen Grundfesten erschüttern. Mit links macht der das.
Viccy
Und dass Herr Irving, anscheinend glorreicher Studienabbrecher (sihe erstes Posting), nicht in Deutschland auftreten und seinen Müll oral entäußern darf, ist für gestandene Nazi-Fans in der Tat erschütternd :-)
Gut so :-)
Sebsik
Gast
Jaja, die Meinungsfreiheit hat halt ihre Grenzen!
Wenn so einer als Gefahr betrachtet wird, hat wohl unser Bildungssystem der letzten 70 Jahre es nicht fertiggebracht, Leute zu eigenständigem Denken zu "erziehen".
Wo kämen wir auch hin, hätte jeder seine eigene Meinung...
Viccy
Die Freiheit der Meinungsäußerung hat in jedem Land dieser Erde irgendwelche Grenzen. Klaro.
In Deutschland rollen zwar keine Köpfe für Kanzler-Witze wie einst beim Adolf, aber trotzdem wird nicht jeder Dreck von Artikel 5 des Grundgesetzes erfasst. Mit Recht ;-)
Sebsik
Gast
„Klaro“? Ich find’s armselig, dass man sich hierzulande vor gestreckten Armen, bunten Runen und irgendwelchen Verschwörungstheorien fürchtet.
Ein Verbot ändert sicher nichts an Gesinnungen und ein Redeverbot für Irving bestärkt Verschwörungstheoretiker höchsten noch in ihrem Glauben.
Viccy
Dass man sich vor den *Menschen* fürchtet, die die Arme ausstrecken, bunte Runen tragen und Verschwörungstheorien zelebrieren, finde ich ziemlich verständlich.
Und diese Gesten oder Lügen bestehen ja nicht im luftleeren Raum.
Und ja, Verbote ändern nichts an aktuell bestehenden Gesinnungen, aber am Verbreiten schon.
Hede
Gast
Ja so funktioniert Demokratie i. Deutschland.
Meinungsfreiheit gilt nur für die Menschen die sich im zunehmend enger werdenden Korridor des politisch Korrekten bewegen.
Die Deutschen müssen noch viel lernen.
Viccy
Das nennt man "wehrhafte Demokratie". Goebbels hat es einst einen Treppenwitz genannt, dass sich die Weimarer Republik von den Nazis hat abwickeln lassen.
Never again. Hart für manche Fascho-Phrasendrescher, aber so ist es.
8
Gast
@Hede Heide, wenn man schon "in" mit "i." abkürzt hat man einfach lieber gar nix zu melden, mal im Ernst.
Bernhard
Gast
Ein Link zum Protestbündnis wäre nett. Eines ohne die Antifa wäre es wert, unterstützt zu werden.
schotter
Gast
Diese Scheinheiligkeit. Wieso darf man keine Meinung über den Holocaust haben, wenn jeder tag täglich den Giftgasangrif der Syrischen Regierung leugnet. Wer meint es gäbe keine Beweise, so sind die Beweise im 2. Weltkrieg relativ vielleicht stärker oder schwächer. Aber das Leugnen des Angrifs in der heutigen Zeit hat viel grösseren Einfluss auf die Menschlichkeit, als die Meinungen von dem Herrn aus London zu verbieten
Bernhard
Gast
@Schotter
Sie irren.
amigo
Gast
@schotter Wir haben wirklich schon genug Faschistengesocks im Ländle, da brauchen wir nicht noch mehr rechte Dumpfspacken!
Racket
Gast
David Irving ist KEIN Historiker! "Nach einem abgebrochenen Studium der Physik, Wirtschaftswissenschaften und Geschichte an der University of London..." (wikipedia)
Viccy
@Racket Oh, danke für den Hinweis.