Ausländer verlassen Südsudan: Zum Flughafen und in die Busse

Ausländer verlassen Juba, auch Geschäftsleute aus den Nachbarländern. Für die ostafrikanische Region wird der Südsudan zum gefährlichen Krisenherd.

Warten auf den Evakuierungsfoug am Flughafen von Juba Bild: reuters

KAMPALA taz | In Südsudans Hauptstadt Juba werden Koffer gepackt. „Jeder, der es sich leisten kann, versucht jetzt hier rauszukommen“, berichtet Betty (Name geändert) per Telefon aus Juba. Seit Donnerstag morgen sind der internationale Flughafen und die Grenzen wieder offen, Reisebusse verlassen Juba in Richtung Uganda.

Die Südsudanesin Betty, die der im Juli aufgelösten Regierung angehörte, denkt auch an Flucht. Sie wohne nahe der Kaserne, dort sei viel geschossen worden. Ihre Nachbarn seien bereits geflohen, Häuser würden durchsucht.

Vor allem Freunde und Kollegen, die der Nuer-Ethnie angehören, suchten vorsorglich Schutz bei der UN. „Jetzt trauen sich die Leute auf die Straße, die meisten hasten zum Flughafen oder zum Busbahnhof, um das Land zu verlassen.“

Beim Sturm auf eine UN-Basis im Südsudan hat es Verletzte und möglicherweise auch Tote gegeben. Die Vereinten Nationen bestätigten am Donnerstag den Angriff und sprachen von Opfern, ohne jedoch Details zu nennen. „Die Situation ist sehr verworren und verändert sich fast stündlich“, sagte ein UN-Sprecher in New York. „Alles ist im Fluss.“

Ersten Angaben zufolge hatten Bewaffnete eine UN-Basis im Ort Akobo in der Provinz Jonglei gestürmt, in der 14 000 Zivilisten beherbergt werden. Die Vereinten Nationen haben dem Sprecher zufolge unbewaffnetes Personal aus Akobo abgezogen, am Samstag sollten 60 UN-Soldaten zur Verstärkung eintreffen. Die Angreifer sollen Nuer sein. Die Vereinten Nationen befürchten einen Bürgerkrieg zwischen den Volksgruppen der Dinka und der Nuer. (dpa)

Aber nur wenige Märkte und Läden hätten geöffnet, die Preise steigen. Sie sorge sich um dieWasservorräte, da das Wassergeschäft in der Hand eritreanischer Geschäftsleute liegt, sagt Betty. „Wenn alle Ausländer fliehen, gibt es in Juba bald kein Wasser und Essen mehr.“

Der relativ trockene Südsudan ist von den Lebensmittelimporten aus dem fruchtbaren Nachbarstaat Uganda abhängig. Doch in den vergangenen Tagen waren die Grenzen geschlossen. Inzwischen stauen sich an der Grenzstation Nimule Dutzende ugandische Lkw.

Sie warten nun auf Begleitschutz durch Südsudans Armee, um die knapp 200 Kilometer nach Juba sicher passieren zu können. Womöglich sind das die letzten Lieferungen: „Wir beladen in Kampala keine Lkws mehr“, sagt Everest Kayondo, Vorsitzender des ugandischen Händlerverbandes, der taz.

Der Südsudan ist der wichtigste Abnehmer ugandischer Exporte. Auf 800 Millionen Dollar pro Jahr beziffert Ugandas Finanzministerium den Handelsumsatz.

Händler flüchten – und verlassen ihre Waren

„Wir verlieren 2,2 Millionen Dollar pro Tag, wenn das über zwei Wochen anhält, wird der wirtschaftliche Schaden schmerzhaft“, sagt Kayondo. Auch ugandische Händler und Gastarbeiter im Südsudan verlieren ihr Einkommen; evakuierte Geschäftsleute müssen „ihre vollen Warenhäuser unbewacht zurücklassen. Damit verlieren sie ihre Lebensgrundlage“.

Die Regierung von Uganda war in den vergangenen zwei Tagen bemüht, die geschätzt 20.000 Ugander aus Südsudan zu evakuieren. 14 Reisebusse sind derzeit auf dem Weg, vollbeladen mit Ugandern, Kenianern, Äthiopiern, Eritreanern, aber auch ein Brite und drei Israelis, bestätigt Fred Opolot, Sprecher des Außenministeriums.

18 weitere Busse würden erwartet. „Wir haben dafür gesorgt, dass die südsudanesische Armee die Busse sicher zur Grenze eskortiert“, so der Sprecher am Rande einer Südsudan-Sicherheitskonferenz in Kampala zur taz.

Die ugandische Armee ist entlang der Grenze aufmarschiert. Sie soll verhindern, dass der Konflikt übergreift. „Kein Zweifel, Uganda ist besorgt über die Auswirkung dieser Krise aus die ganze Region“, erklärt er.

Als regionale militärische Groß- und Stabilisierungsmacht hat Uganda im Rahmen der Afrikanischen Union Soldaten in mehrere Unruheherde von der Zentralafrikanischen Republik bis nach Somalia entsandt. Besonders Krisen bei den direkten Nachbarn – der Demokratischen Republik Kongo im Westen, der Südsudan im Norden – beunruhigen die Politiker in Kampala sehr.

In den vergangenen Jahren verließen sich die Südsudanesen darauf, dass der große Bruder Uganda bereit war, ihr Land notfalls militärisch gegen Angriffe aus dem nördlichen Nachbarn Sudan zu verteidigen. Ugandas Präsident Yoweri Museveni sei nun „ganz vorne mit dabei, eine politische Lösung für die Probleme in Juba zu finden“, versichert Sprecher Opolot.

Eine ugandische Delegation im Rahmen der Afrikanischen Union sei unterwegs, um den Dialog mit Südsudans Präsident Salva Kiir zu suchen.

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