Werber dürfen sich weiter ausbreiten

STADTENTWICKLUNG Der Bezirk Mitte hat nichts dagegen, dass die Agentur Jung von Matt ein altes Schulgebäude im Karoviertel nutzt

Seit Oktober 2012 steht das alte Schulgebäude im Karolinenviertel leer. In dem Quartier befürchtet mancher seitdem, in den ehemaligen Sitz der Regionalen Beratungs- und Unterstützungsstelle (Rebus) könnte sich die Werbeagentur Jung von Matt (JVM) einmieten. Offenbar nicht ohne Grund: Das Bezirksamt Mitte hat jetzt bestätigt, dass eine Teilvermietung an die Agentur mitgetragen wird.

Bereits im Februar hat der Quartiersbeirat Karolinenviertel eine Empfehlung zur künftigen Nutzung des des Gründerzeitbaus in der Flora-Neumann-Straße verabschiedet. Darin spricht sich das Gremium klar gegen eine gewerbliche Nutzung aus, im Besonderen gegen eine Vermietung an JVM. Das Unternehmen besitzt bereits einige Gebäude im Karolinenviertel, darunter einen Komplex direkt gegenüber. Im alten Rebus-Bau plant die Agentur eine Akademie für Designer zu gründen.

Vorwurf: Gentrifizierung

Mancher im Viertel dürfte eine Vermietung weiterer städtischer Flächen an die Werbeagentur als Gentrifizierung wahrnehmen: Schon im vergangenen Jahr kam es zu Protesten vor dem begehrten Gebäude. Der Quartiersbeirat fordert vom Bezirk, dass Rebus zurückkommt. Weiterhin solle das ehemalige Schulgebäude für eine gemeinnützige Nutzung durch Stadtteilinitiativen zur Verfügung gestellt werden. Außerdem verlangt der Berirat mehr Transparenz über das bisherige und künftige Entscheidungsverfahren.

Die Finanzbehörde, formal Eigentümerin des Grundstücks, hatte bereits vor einigen Wochen bestätigt, dass Gespräche mit JVM über die Nutzung des Gebäudes geführt werden – Gespräche mit anderen potenziellen Nutzern gibt es demnach nicht. „Die aktuell verfolgte Teilnutzung durch die Werbeagentur ‚Jung von Matt‘ in einer Kombination mit einer überwiegenden Nutzung für Gemeinbedarfszwecke wird seitens des Bezirks mitgetragen“, lautet die Stellungnahme des Fachamts für Stadt- und Landschaftsplanung. Dieser Kompromiss solle einen Verkauf des Gebäudes verhindern. Durch die Positionierung des Bezirks wird eine Vermietung an JVM nun umso wahrscheinlicher. Eine Rebus-Rückkehr wird dagegen ausgeschlossen.

Aufteilung unklar

Wie eine zukünftige Teilnutzung im Sinne des Gemeinbedarfs aussehen soll, lässt der Bezirk offen. Auch bleibt unklar, wie groß der Anteil der Flächen der Werbeagentur ausfällt. „Eine gemeinnützige Nutzung für Stadtteilinitiativen unterstützt das Bezirksamt an mehreren Standorten in St. Pauli“, erklärt das Fachamt weiter und verweist auf das Centro Sociale und die Rindermarkthalle.  ISABELLA DAVID