Finanzen am Wiener Burgtheater: Freiwillig ging er nicht

Matthias Hartmann ist nicht länger Direktor des Wiener Burgtheaters. Zuvor war ein Defizit in Millionenhöhe entstanden.

Entthront und entkront: Matthias Hartmann. Bild: dpa

Der fristlose Rauswurf eines Direktors ist in der 240-jährigen Geschichte des Burgtheaters einmalig. Matthias Hartmann habe seine Sorgfaltspflicht verletzt, erklärte Kulturminister Josef Ostermayer am Dienstag, deswegen sei er zu diesem Schritt gezwungen. Hartmann hingegen will sich in seine Position zurückklagen. Das durch die Debatten der letzten Monate verunsicherte Ensemble war zunächst erleichtert.

Für Ostermayer, erst seit 1. März offiziell Kulturminister, ist dies der einzig mögliche Weg, den Vertrag mit Hartmann umgehend zu beenden. Denn den freiwilligen Abtritt hatte der Theatermacher abgelehnt. Er sieht sich nicht verantwortlich für Verluste und finanzielle Tricksereien, die ein Defizit von 8,3 Millionen plus 5 Millionen Euro an Steuerschulden verschleiert hatten.

Der Meinung ist Ostermayer nicht. Er zitierte aus einem Gutachten, wonach Hartmann als Geschäftsführer für die Situation mitverantwortlich zu machen sei. Und zwar unabhängig davon, ob er von den Vorgängen wusste. Ein weiteres Gutachten sei zu demselben Schluss gekommen. Auffällig war auch, dass Hartmanns eigene Produktionen immer besonders teuer waren.

Ob Hartmann auf dem Gerichtsweg eine Abfertigung durchsetzen kann, ist unsicher. Sein Vertrag wurde zwar erst kürzlich bis 2019 verlängert, doch grobes Fehlverhalten würde seine Entlassung rechtfertigen. Hartmanns künstlerische Meriten sind unumstritten. Er hat am Burgtheater zahlreiche Auftragswerke zur Uraufführung gebracht und mehrere Stücke selbst inszeniert.

Vizedirektorin Silvia Stantejsky wurde schon im November entlassen. Ihr wirft man vor, durch buchhalterische Tricks die Rechnungsprüfer getäuscht zu haben. Überraschend war, dass Georg Springer verschont blieb. Als Geschäftsführer der Bundestheater-Holding steht er dem größten Theaterkonzern der Welt vor und hätte früher auf die Unregelmäßigkeiten aufmerksam werden müssen.

Von seinen vielen Ämtern legte er nur sämtliche Aufsichtsratsposten in den Tochtergesellschaften der Holding nieder. Sein Stellvertreter Othmar Stoss wird diese Funktion übernehmen. Über die künstlerische Interimsleitung des Burgtheaters soll am 19. März bei der nächsten Aufsichtsratssitzung entschieden werden. Dann wird auch der Posten neu ausgeschrieben.

Der Interimschef hat die undankbare Aufgabe, bei gleich bleibenden Subventionen und ständig steigenden Kosten das künstlerische Niveau der prominentesten deutschsprachigen Bühne zu halten. Das Schicksal der Inszenierungen, an denen Hartmann gearbeitet hat, ist offen. Er darf das Theater seit seiner Entlassung nicht mehr betreten.

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