Unruhen in Spanien: Randale gegen den Sparkurs

In Madrid endet der dreiwöchige „Marsch für die Würde“ mit schweren Straßenschlachten. Die Regionalregierung hatte die Stimmung angeheizt.

So sieht es aus, wenn es wirklich um die Würde des Menschen geht. Bild: ap

MADRID taz | Alejandro Riega und Veronica Aversa sind müde, aber glücklich. Drei Wochen waren sie auf einer der acht Routen des „Marsches für die Würde“ zu Fuß vom äußersten Nordwesten Spaniens nach Madrid unterwegs. Am Samstagmorgen trafen die Marschierenden in der Hauptstadt ein. Sonderzüge und rund 1.000 Busse aus dem ganzen Land brachten weitere Demonstranten in die Stadt. Hunderttausende schlossen sich ihnen dort am Nachmittag an.

Unter dem Motto „Nein zur Zahlung der Schulden! Keine weiteren Kürzungen! Schluss mit der Regierung der Troika! Brot, Arbeit und ein Dach über dem Kopf für alle!“ erlebte Madrid eine der größten Protestaktionen, seit das Land vor sechs Jahren in der Krise versank.

„Das kann so nicht weitergehen. Jetzt bin ich seit vier Jahren arbeitslos und lebe wieder bei meinen Eltern. Alles ist eine riesige Lüge“, sagt der 31-jährige Riega. Er ist Koch. „Das neue Arbeitsrecht der konservativen Regierung vernichtet immer mehr Arbeitsplätze und hat zu extremen Lohnsenkungen geführt“, beschwert er sich. In seinem letzten Job verdiente er 1.200 Euro im Monat. „Wer heute als Koch noch etwas findet, bekommt 600 bis 700 Euro“, weiß Riega.

Mitmarschiererin Aversa hat Arbeit. Sie betreut eine alte Frau und jobbt am Wochenende in einer Kneipe. „Ich komme damit gerade so über die Runden“, erzählt sie. Die 33-jährige Philologin ist weder sozialversichert noch hat sie Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung, sollte sie ihre prekären Jobs verlieren.

Mit „Ja, man kann!“ gegen Gerichtsvollzieher

Über 200 Organisationen, Parteien und Gewerkschaften aus ganz Spanien haben zu der Großdemonstration in Madrid mobilisiert. Es ist ein bunter Marsch mit Musik und Regionalflaggen aus allen Landesteilen. Alle vereint der Ruf „Ja, man kann!“ Es ist die Parole der Bewegung gegen Wohnungsräumungen, die immer wieder verhindert, dass Gerichtsvollzieher und Polizei die Räumung vollstrecken können.

Längst ist sie zum Motto des sozialen Widerstands geworden. Für die große Mehrheit der Gesellschaft ist diese Krise, dieser Betrug, ein großes Drama“, heißt es im Manifest, das von einem Schauspieler und einer Journalistin auf dem zentralen Plaza de Colón verlesen wird.

Das Innenministerium hatte auf den großen Zufahrtstraßen rund um Madrid Polizeisperren errichtet. Über einhundert Busse wurden mehrere Stunden aufgehalten. In der Stadt selbst waren 1.650 Polizisten der Sondereinsatzkommandos zusammengezogen worden.

Der Präsident der Madrider Regionalregierung, Ignacio González, heizte die Stimmung im Vorfeld der Märsche auf. Er verglich die Demonstranten mit den griechischen Faschisten der „Goldenen Morgenröte“. „Die Organisatoren spielen mit dem Feuer“, warnte er.

Gegen Ende der Demonstration kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen meist jungen Demonstranten, die Steine und Brandflaschen einsetzten, und der Polizei. Nach offiziellen Angaben wurden dabei 67 Polizisten und 34 Demonstranten verletzt. 29 Personen wurden festgenommen.

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