Krise in der Ukraine: Ruhe an den Urnen
Die Bundesregierung hat die ukrainische Regierung aufgefordert, ihre Militäroffensive im Osten des Landes zu stoppen. Und der OSZE-Chef reist nach Moskau.
MOSKAU/BERLIN dpa/rtr/afp | Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, hat die ukrainische Regierung aufgefordert, die Militäroffensive im Osten der Ukraine zu stoppen. Kiew müsse sein „militärisches Vorgehen gegen pro-russische Separatisten im Osten der Ukraine beenden“, sagte Erler im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Mit Blick auf die geplante Präsidentschaftswahl am 25. Mai erklärte der SPD-Politiker: „Das Land braucht ein Umfeld, in dem sich die Bürger möglichst normal an der Wahl beteiligen können. In weiten Teilen der Ukraine ist dies problemlos möglich, im Osten aber nicht.“ Deshalb müssten die Kämpfe dort aufhören, damit hinterher niemand sagen könne, die Wahlen seien nicht korrekt abgelaufen. Die russische Regierung hat Zweifel an der geplanten Präsidentschaftswahl geäußert.
An Mittwoch trifft sich der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Bei dem Vermittlungsversuch wird es darum gehen, wie die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai in der Ukraine beruhigt werden kann.
Burkhalter, der Schweizer Bundespräsident ist, hatte am Dienstag eine Waffenruhe gefordert. Die OSZE will die Wahl mit gut 1000 Beobachtern begleiten und so einen fairen Ablauf sicherstellen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt den ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Pjotr Poroschenko im Kanzleramt. Der schwerreiche Süßwarenunternehmer, der als aussichtsreichster Bewerber bei der Wahl gilt, kündigte Medien zufolge auch ein Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier an. Die Ukraine wolle alle potenziellen Partner und Verbündeten mobilisieren, um weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, sagte er demnach.
Wirtschaftssanktionen schwächen Russland
Die Nato erwägt unterdessen, dauerhaft Truppen in Osteuropa zu stationieren. Der oberste Nato-Kommandeur General Philip Breedlove sagte am Dienstag vor Journalisten in Ottawa: „Ich denke, das ist etwas, was wir erwägen müssen“. Die Idee werde den politischen Führern der Mitgliedsstaaten zur Diskussion vorgelegt und es sei abzuwarten, was dabei herauskomme, erklärte der US-General nach Angaben des kanadischen Senders CBC.
Die gegen Russland im Ukraine-Konflikt verhängten US-Sanktionen zeigen nach Einschätzung Washingtons deutliche Wirkung. Die Strafmaßnahmen hätten zu einer massiven Kapitalflucht geführt und das russische Wirtschaftswachstum fast auf Null gedrückt, sagte Finanzstaatssekretär Daniel Glaser am Dienstag (Ortszeit) bei einer Kongressanhörung.
Er warnte zugleich vor einer weiteren Verschärfung der Sanktionen, wenn Moskau nicht aufhöre, sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine einzumischen. Mit Anwendung des vollen Sanktionsspektrums sei es möglich, „die Schwäche und Verletzlichkeit der russischen Wirtschaft bloßzustellen“.
Im Osten der Ukraine herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Separatisten fordern dort mehr Eigenständigkeit bis hin zu einem Anschluss an Russland und haben diverse Orte unter ihre Kontrolle gebracht. Bei Kämpfen mit dem ukrainischem Militär, das in den vergangenen Tagen eine Offensive gestartet hatte, gab es viele Tote.
Leser*innenkommentare
Age Krüger
"Die Strafmaßnahmen hätten zu einer massiven Kapitalflucht geführt und das russische Wirtschaftswachstum fast auf Null gedrückt, sagte Finanzstaatssekretär Daniel Glaser am Dienstag (Ortszeit) bei einer Kongressanhörung."
Wow, fast 0% Wirtschaftswachstum. Na, das wird Wrkung haben. Das ist ja dann so wenig wie die BRD 2013 mit ihren 0,4%. Man weiß ja, wie sich das auf die Bevölkerung ausgewirkt hat und auf die Machthaber hier. Merkels Partei erhielt nur 8% Zuwachs bei den Wahlen und ihre Regierung verfügt jetzt über 504 Stimmen im Bundestag statt nur über 354. Ja, so ein minimales Wirtschaftswachstum schadet den Mächtigen eines Landes offenbar gewaltig.
PolitDiscussion
Er fordert das Ende während der Wahl, um danach wohl fortfahren zu können. Die Wahl kann das Problem ja nicht lösen. Denn die Aufständischen erkennen die neue Situation (gewaltsamer Regieurngssturz, dadurch bedingte Session der Krim) nicht an und wollen in diesem Staat, jedenfalls unter den gegenwärtigen Bedingungen, nicht leben. Nach der Session der Krim dürften die Anhänger der Regierung wohl mehr Stimmen bekommen als die Gegner, aber in den Gebieten, in denen die Gegner leben, ist dem nicht so und diese wollen unter den veränderten Bedingungen nicht mehr in diesem Staat leben, oder aber erst dann, wenn eine weitreichende Föderalisierung erreicht ist.
ingrid werner
Hat Herr Erler oder die Bundesregierung das Ende der Offensive der ukr. Armee gefordert? Spricht Herr Erler im Namen der Bundesregierung in diesem Fall?