Crowdfunding: Spender an die Wand!

Die Schaulust lädt zur Kulturförderung. Mit nur zwei Euro monatlich können Interessierte die Produktionsstätte im Bremer Güterbahnhof unterstützen.

Stefan Berthold, Uli Baumann und Frank Barufke sind drei der sechs Verantwortlichen in der Schaulust Bild: Andreas Schnell

BREMEN taz | So ein Leuchtturm muss leuchten, keine Frage. Im Kapitalismus kostet das allerdings selbst dann noch Geld, wenn der Leuchtturm eine Metapher ist. In unserem Fall ist er, der Leuchtturm, eine abgewetzte Lagerhalle im alten Güterbahnhof, seinerseits bekanntlich im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung – noch so eine Metapher – als Brutstätte ausgemacht. Seither gedeiht dort das kulturelle Leben meist fröhlich vor sich hin. Allerdings funktioniert das vor allem dank individueller Initiative. So auch im Falle Schaulust. Und weil das so gut funktioniert, wurde die Schaulust neben Kreativen wie Urban Screen, dem Golden City oder dem Verein Musikszene Bremen eben zu einem der Leuchtturmprojekte erkoren, die im vorigen Jahr mit Geldern der Kreativwirtschaftsförderung bedacht wurden.

Am 28. Mai 2011 hatte die Schaulust im ehemaligen „Tor 48“ auf dem Areal hinter dem Überseemuseum als „Produktions- und Wirkstätte für Theater, Musik, Tanz, Zirkus, Show und Performance“ eröffnet. Ein Ort für die freie Szene, um, wenn’s nottut, rund um die Uhr an Inszenierungen feilen oder eigene Produktionen zeigen zu können. Seither haben hier immerhin 500 Akteure gearbeitet und vorgeführt, rund 10.000 Besucherinnen und Besucher kamen zu den öffentlichen Veranstaltungen, wie Uli Baumann, eine der sechs Schaulust-Verantwortlichen berichtet.

Baumann, die als Komikerin, Sängerin und Moderatorin ihren Lebensunterhalt verdient, betont, dass das Programm nicht von der Schaulust gemacht wird, sondern von den Nutzerinnen und Nutzern: „Veranstalter sind im Prinzip die, die auch auf der Bühne stehen, wir halten nur den Laden am Laufen. So ergibt sich eine Bandbreite, die wir gar nicht bieten könnten, weil wir die Leute vorher zum Teil gar nicht kennen, die hier auftreten.“ Und das Programm kann sich sehen lassen. Erst kürzlich gastierte hier ein mexikanisches Polit-Theater, regelmäßig lädt eine bunte Truppe zu anarchischen Varieté-Abenden ein, vor zwei Jahren präsentierte das Figurentheater „Mensch, Puppe!“ in Zusammenarbeit mit Musikern der Bremer Philharmoniker das „Große Lalula“, Anfang Mai fand ein internationales Salsa-Festival statt.

So ganz ohne das Zutun der Verantwortlichen kommt das Programm dann allerdings doch nicht zustande. Uli Baumann veranstaltet dort beispielsweise mit Jan Fritsch den „Salon Puschel“, ein buntgemischter Zug durch die vorwiegend bremische Kreativlandschaft, zwischen Heavy Metal und Haydn, zwischen Clownerie und Lyriklesung, zusammengehalten durch das schrille Moderatoren-Duo „Charles & Erika“ alias Baumann und Fritsch. Neben den öffentlichen Veranstaltungen ist die Vermietung an freie Truppen, nicht zuletzt aus der Straßentheaterszene, für Proben ein wichtiges Standbein der Schaulust.

Am Donnerstag ab 20 Uhr findet in der Schaulust der "Salon Puschel" statt, "Bremens Freak Show an den Randzonen der Unterhaltung",

am 30. und 31. Mai sowie am 1. und 2. Juni gibt es ab 19 Uhr Varieté, am 5. und 6. Juli findet in der Schaulust die Gala des Straßentheater-Festivals "La Strada" statt, mehr unter www.bremen-schaulust.de

Das Konzept geht also auf. Und dann kam, wir deuteten es an, sogar Geld von der Stadt: 100.000 Euro. Damit lässt sich schon eine ganze Menge anstellen. „Vier Monate haben wir wie die Idioten gerockt“, erinnert sich Baumann. Allerdings nicht in Form einer wochenlangen Party – sondern bei umfangreichen Sanierungsarbeiten. Die Hallen des Güterbahnhofs haben schließlich allesamt schon bessere Zeiten gesehen – zumindest bautechnisch. Seither verfügt die Schaulust über neue Fenster, eine solide Isolation, ein funktionierendes Rohrsystem und kann nun auch im Winter ordentlich beheizt werden. Das Geld für den laufenden Betrieb kommt nach wie vor aus den Vermietungen an Theatertruppen, Veranstalter und Firmen und Privatpersonen, die den Raum für Partys nutzen. Alles prima also? Nicht ganz.

Die Kreativwirtschaftsförderung erfuhr vorerst keine Fortsetzung, an eine institutionelle Förderung ist derzeit nicht zu denken – und die Mieteinnahmen reichen eben nie so ganz aus, um Miete und Nebenkosten zu bezahlen. Im schlimmsten Fall hängen die Schaulust-Macher mit ihrem privaten Geld drin. Und die stecken schon jede Menge ehrenamtliche Arbeit in die Schaulust. „Es wäre schön, eine einigermaßen sichere Basis zu haben“, sagt Baumann.

Die soll jetzt eine Crowdfunding-Kampagne bringen: „1000 x 2“ heißt die Devise, nämlich tausendmal zwei Euro im Monat. Mit dieser Mini-Spende könnten die laufenden Kosten gedeckt werden. Im Gegenzug gibt es nicht nur das gute Gefühl, etwas für die Kultur getan zu haben, sondern auch einen Platz auf der Spendierwand im Foyer der Schaulust, wahlweise mit Konterfei, dem Logo des eigenen Unternehmens oder auch anonym. Und wer mehr als einen Anteil zeichnet, bekommt auch mehr Platz an der Wand.

„Es wäre einfach schön, sagen zu können, dass wir netzwerkfinanziert sind“, so Baumann. Aber natürlich sind auch Mieter immer gern gesehen. Für 100 Euro pro Tag ist der Raum für Proben zu haben, für öffentliche Aufführungen sind 400 Euro zu entrichten, inklusive Licht- und Tontechnik.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.