Weltkriegsrelikt in Berlin entdeckt: Die Sonne knallt, die Bombe nicht

In Steglitz wird eine 500 Kilo schwere Weltkriegsbombe entschärft. 3.000 Anwohner müssen zuvor ihre Wohnungen verlassen.

Alles sicher: Detlef Jaab, Sprengmeister der Polizei, zeigt den Zünder. Bild: dpa

Bloß in den Schatten! „Ich hoffe, dass das heute schnell über die Bühne geht“, sagt einer der beiden Feuerwehrmänner, die kurz vor elf Uhr mit ihrem Einsatzwagen in der Steglitzer Kantstraße ein kühles Plätzchen gefunden haben. Sie haben Bereitschaft und sollen die Polizei notfalls dabei unterstützen, Anwohner aus ihren Wohnungen zu geleiten. Oder zur Stelle sein, falls die Bombe wirklich hochgeht.

Am Sonnabend war die 500 Kilogramm schwere Bombe bei Schachtarbeiten an der Bergstraße gefunden worden: ein deutsches Fabrikat, jedoch mit sowjetischem Zünder. Vermutlich stammt der Sprengkörper aus einer von der Roten Armee eroberten deutschen Fabrik, wurde mit einem eigenen Zünder versehen und über Berlin abgeworfen.

Am Montag hatte die Polizei die Anwohner mit Flugblättern über den Fund informiert und auf die Evakuierung vorbereitet. 350 Polizisten sind dafür am Dienstagvormittag im Einsatz. Etwa 3.000 Menschen in einem Umkreis von 250 Metern um den Fundort müssen weichen. Einige machen das Beste aus der Situation und genießen die Stunden im Freien. Andere suchen die vier vom Bezirk eingerichteten Notunterkünfte auf – oder werden vom Roten Kreuz dorthin gebracht. Denn die Behörden gehen davon aus, dass in der evakuierten Zone etwa 20 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre sind. Nur wenige murren, die meisten nehmen’s trotz Hitze gelassen.

Gefährliche Buddelei

Gegen Viertel nach eins sind alle Menschen in Sicherheit, die Entschärfung beginnt. Detlef Jaab, Sprengmeister der Polizei, nähert sich mit zwei Kollegen dem eineinhalb Meter langen Kriegsrelikt, das in der Baugrube liegt. Vorsichtig schrauben sie den Zünder ab – das war’s. „Ich hatte zu keiner Zeit Sorgen“, sagt Jaab, sichtlich amüsiert vom medialen Aufgebot. Der größte Gefahr sei eine Chemikalie gewesen: Das im Sprengkörper enthaltene Pikrin, das umso empfindlicher auf Reibung reagiert, je länger es gelagert wird. Gefährlich war also auch in diesem Fall vor allem der Fund selbst: „Da hat jemand die Bombe fast komplett freigelegt“, erzählt der Sprengmeister erstaunt.

Wenig später wird die Bombe verstaut und auf den Sprengplatz Grunewald gebracht, um dort kontrolliert gezündet zu werden. Jaabs Kollege Dietmar Püpke verabschiedet die Polizisten mit einem „Bis zum nächsten Mal“. 3.000 Blindgänger vermuten Experten noch im Berliner Boden. MATTHIAS BOLSINGER

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