Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Glaube, Liebe, Hoffnung

Der letzte Hippie-Trail führt nach Santiago de Campostela. Selbst seine Denkmale sind nun friedlich, um die Gefühle der Pilgerschar nicht zu verletzen.

Ein Fest für den heiligen Jakobus vor der Kathedrale von Santiago de Campostela. Bild: dpa

Es sind fast immer nichtmaterielle Inhalte des Lebens, die die Menschen auf dem Jakobsweg oder anderen Pilgerwegen suchen. Es sind Glaube, Liebe, Hoffnung. Hinzu kommt: Die ausgetretenen Pfade der Christenheit überzeugen durch beste Wanderinfrastruktur, durch Spaß und Begegnung. Befestigt wurden diese Pfade durch Mythen und Legenden über Wunder und Bekehrungen.

Eine Hörbuch-CD aus dem John Verlag erzählt die Geschichten, die sich um das mittelalterlichen Pilgerziel Santiago de Campostela in Spanien ranken. Und diese sind vor allem der Überhöhung des christlichen Glaubens im Kampf gegen die Mauren geschuldet, die Spanien bis ins 14. Jahrhundert beherrschten. Der Künstler und Religionswissenschaftler Claudio Lange hat mit Fotos die steinerne Bildpolemik an den Kathedralen dokumentiert.

Im 11. Jahrhundert erschienenen vor allem in Frankreich und Spanien, Abbildungen kopulierender, päderastischer, jedenfalls immer hässlicher Turbanträger als Skulpturen an Kirchen. Sie waren, sagt Lange, politisches Instrument nonverbaler Rhetorik im Kampf zur Vertreibung der Mauren.

Für diesen Kampf wurde auch Jakobus Matamoros, der Maurentöter, funktionalisiert. Der Pilgerweg nach Santiago de Campostela zu seinem Grab war auch ein Weg christlicher Propaganda. Heute kommen Sinnsucher aller Couleur. In der Kathedrale von Santiago wurde deshalb seiner Statue aus dem erhobenen rechten Arm das kriegerische Schwert entnommen, um die Gefühle dieser bunten Pilgerschar nicht zu verletzen. Nun sitzt er winkend hoch zu Ross, die abgeschlagene Köpfe der Feinde unter ihm und mit Blumen verdeckt. Jakobus in neuer, politisch korrekter Mission.

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