Erfinder der Nachhaltigkeit

„Es dürfen nicht mehr Bäume gefällt werden, als neue Bäume nachwachsen“

HANS CARL VON CARLOWITZ

Nachhaltig einkaufen, nachhaltig in Urlaub fahren, nachhaltig essen: Der Begriff der Nachhaltigkeit hat längst den Mainstream erreicht.

Doch Nachhaltigkeit ist nicht etwa ein Hype unserer Zeit. Die Geschichte des weltweit diskutierten Begriffs führt zurück ins barocke Sachsen, zu dem Adeligen Hans Carl von Carlowitz. Er wurde 1645 im Erzgebirge geboren und veröffentlichte zu Ostern 1713 sein Werk „Sylvicultura oeconomica“, in dem zum ersten Mal von der „nachhaltenden Nutzung der Wälder“ die Rede ist.

Zum 300. Jahrestag der Buchveröffentlichung erinnerte am gestrigen Montag ein Symposium im Bundeskanzleramt an den Urvater der Nachhaltigkeit .

Nach seinem Studium der Rechts- und Naturwissenschaften brach der gerade mal 20-jährige von Carlowitz zu einer mehrjährigen Reise durch Europa auf. Überall war er mit demselben Problem konfrontiert: dem Holzmangel. Holz war das Erdöl der damaligen Zeit, also der wichtigste Rohstoff und Energielieferant. Es wurde gebraucht für den Aufbau der wachsenden Städte, den Bau von Handelsflotten oder den Bergbau. Der im Erzgebirge so wichtige Silberbergbau verschlang allein durch den Betrieb der Schmelzöfen Unmengen des knapp werdenden Rohstoffes. Jahrhundertelang hatte man die umliegenden Wälder übernutzt, so dass nur noch Kahlflächen und kleine Restwälder übrig blieben.

Carlowitz kritisierte den Raubbau an der Natur und die Ausrichtung des Wirtschaftens auf kurzfristige Gewinne. Das vor 300 Jahren veröffentlichte Buch ist damit aktueller denn je. Mit seinem Werk prägte der Oberberghauptmann den Grundsatz, dass nicht mehr Bäume gefällt werden dürfen, als neue nachwachsen. Er forderte daher auch ein konsequentes Aufforsten der Wälder.

Der von Hans Carl von Carlowitz geprägte Begriff der nachhaltigen Forstwirtschaft entwickelte sich über die Jahrhunderte weiter und beschränkt sich heute nicht mehr nur auf Umweltschutz, sondern verbindet wirtschaftlichen Fortschritt mit sozialer Gerechtigkeit.

Heute ist rund ein Drittel des Bundesgebiets bewaldet. Die Fläche habe laut dem Deutschen Forstverein in den letzten 40 Jahren um eine Million Hektar zugenommen – etwa die Fläche von 1,4 Millionen Fußballfeldern. Auch ein Resultat der nachhaltigen Forstwirtschaft.

MICHAELA ZISCHEK