Was sagt uns das?: Für ein Milky nach Berlin

Israelische Auswanderer rechnen vor, wie viel billiger das Leben in Berlin ist. Dafür werden sie als „Antizionisten“ beschimpft.

Koscher vielleicht, aber auch bezahlbar? Ein ultraorthodoxer Jude untersucht Etrog, Zitrusfrüchte, in Jerusalem vor dem Sukkot-Fest. Bild: Ronen Zvulun / Reuters

Vor drei Jahren entfachte die Preiserhöhung für Hüttenkäse Massenkundgebungen für soziale Gerechtigkeit in Israel. Diesmal könnte es ein Schokopudding sein. In Berlin koste ein „Milky“, so das israelische Synonym für Schokoladenpudding mit Sahne, nur die Hälfte, in manchen Läden sogar nur ein Drittel des israelischen Preises. Bei viele anderen Lebensmitteln ist es ähnlich.

Das hat die Facebook-Gruppe „Olim leBerlin“ (frei übersetzt: „Wir emigrieren nach Berlin“) in einem Post vorgerechnet, zum Beleg dafür Kassenzettel vom letzten Supermarkteinkauf gepostet und in Verbindung damit zum Wegzug aus der teuren Heimat aufgerufen. Israelis, die bereits in Berlin leben, versprechen Hilfe bei Bürokratie und Aufenthaltsgenehmigung. Israels Finanzminister Yair Lapid von der Zukunftspartei zürnt: Die Drahtzieher der Kampagne schimpft er „Antizionisten“.

Die bis zu 30.000 Israelis, die heute in Berlin leben, dürfte das schwerlich treffen. Die Stadt ist in, vor allem unter jungen Israelis, die nicht von Ideologien getrieben werden. Weder das Stocken im Friedensprozess noch die Sorge vor Kriegseinsätzen motiviert sie dazu, die Heimat zu verlassen, sondern schlicht die Lust auf ein besseres Leben. „Wir fliehen vor den unmöglichen hohen Lebenshaltungskosten“, heißt es auf der Facebook-Seite. „Hier haben wir keine Zukunft.“

Die Sozialproteste im Sommer 2011 haben bis heute kaum Spuren hinterlassen. Selbst Politiker Lapid gibt zu, dass die hohen Miet- und Lebensmittelkosten „unerträglich“ sind. Der auch unter Experten umstrittene Finanzminister, der bei seinem politischen Schnellstart auf der Welle der Sozialproteste mitschwamm, hat derzeit schwer mit sinkenden Popularitätsraten zu kämpfen.

Seine Versprechungen entpuppen sich als heiße Luft. Eine Preisbindung für Milchprodukte schlägt der frühere TV-Moderator vor, statt die hohen Einfuhrzölle zu streichen, um endlich das Monopol der Landwirtschaftskooperativen zu knacken und den Wettbewerb dafür sorgen zu lassen, dass ein Schokopudding in Tel Aviv nicht mehr kostet als in Berlin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.