Moore schützen Klima: Ablasshandel im Feuchtgebiet

Wer seine eigene Treibhausgas-Bilanz verbessern will, kann nun auch in Schleswig-Holstein Moorschutz-Zertifikate kaufen. Denn Torf speichert Kohlendioxid.

War mal 20 Quadratkilometer groß: Rest des Königsmoors Bild: Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein

HAMBURG taz | In Schleswig-Holstein gibt es nun eine neue Möglichkeit, die eigene Treibhausgas-Bilanz zu verbessern. Am gestrigen Mittwoch präsentierte die Ausgleichsagentur des Landes „Moor Futures“. Jedes dieser käuflichen Klima- und Moorschutz-Zertifikate garantiert, dass über 50 Jahre eine Tonne Kohlendioxid in einem Moor gebunden wird. „Ich freue mich, dass ab sofort auch die Schleswig-Holsteiner die Möglichkeit haben, sich freiwillig und direkt vor Ort für Natur und Klima zu engagieren“, kommentierte Umweltminister Robert Habeck (Grüne).

Die Moor Futures sind eine Idee aus Mecklenburg-Vorpommern, wo sie ebenso wie im Land Brandenburg bereits im Verkauf sind. In den drei Ländern gibt es viele Moore, die aber unter permanentem Druck der Landwirtschaft und des Torfabbaus für Gartendünger stehen. Mit den Moor Futures soll das Gegenteil erreicht werden: Die Moore werden wieder aufgebaut.

Wichtig ist das einerseits für die biologische Vielfalt, weil Moore sehr spezielle Lebensräume sind, und andererseits für den Klimaschutz, weil sie Kohlendioxid speichern. In den nassen Moorgebieten verrottet unter Sauerstoffabschluss ein großer Teil der abgestorbenen Pflanzen. Sie werden zu kohlenstoffreichem Torf, der in intakten Mooren über die Jahrhunderte zu meterdicken Schichten wachsen kann.

Die Ausgleichsagentur gehört zur Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, die seit 1978 Flächen pachtet, um sie für den Natur- und Artenschutz zu sichern. Die Agentur entwickelt und vermarktet 120 Öko-Konten zu unterschiedlichen Lebensraumtypen. Wird bei einem Bauvorhaben im Land in die Natur eingegriffen, kann der Bauherr entweder selbst eine Ausgleichsfläche suchen, genehmigen und aufwerten lassen – oder er kann Geld auf das Öko-Konto des entsprechenden Lebensraums einzahlen.

Ein Moor-Futures-Projekt gibt es bereits: in Mecklenburg-Vorpommern. Für den Polder Kieve (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) werden insgesamt 14.325 Zertifikate verkauft.

Seit 2012 sind bereits 9.704 mit einer Laufzeit von 50 Jahren verkauft worden.

Zu den größten Käufern gehören der Energieversorger Wemag, Volkswagen, das Hotel Speicher in Schwerin und McDonalds.

Mit dem Geld soll bewirkt werden, dass die Moore wieder als solche funktionieren.

„Der Vorteil für die Eingreifer ist, dass wir diese Dinge schon fertig haben“, sagt Nicola Brockmüller von der Ausgleichsagentur. Der Einzahler kann als Kompensationsmaßnahme auf ein fertiges Projekt zurückgreifen und finanziert mit seiner Zahlung laufende oder zukünftige Projekte.

Anders als Zahlungen nach dieser Eingriffs-Ausgleichs-Regel ist der Erwerb von Moor Futures freiwillig. Einer der ersten Käufer in Schleswig-Holstein ist die Büroartikel-Firma Hugo Hamann. „Als Traditionsunternehmen schauen wir auch in die Zukunft“, sagt deren Geschäftsführer Wolfgang Sothmann. Seine Firma wolle einen Beitrag leisten, indem sie ihre jährlichen Veranstaltungen klimaneutral macht. Dazu sei berechnet worden, was die Kunden bei der Anfahrt an CO2 erzeugten. Die entsprechende Menge – 20 Tonnen – werde künftig mit Moor Futures kompensiert.

Ein Moor Future kostet ohne Mehrwertsteuer 54 Euro. Mit 16 Zertifikaten kann circa ein Hektar Moor aufgebaut werden. Derzeit fließt das Geld in das Königsmoor bei Christiansholm im Kreis Rendsburg-Eckernförde.

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