Amerikanisch-israelische Beziehungen: Verstimmungen und kein Ende
Israels Premier reist auf Einladung des US-Kongresses nach Washington. Das dürfte die schlechten Beziehungen zum Weißen Haus weiter belasten.
JERUSALEM taz | Allzu viele Freunde hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu nicht mehr in der Welt. Wer möchte es ihm da verübeln, dass er die Einladung vom US-Kongress gern annimmt, noch dazu, wenn die Reise nach Washington genau zwei Wochen vor Israels Wahlen stattfinden soll. Die Bilder vom Likud-Spitzenkandidaten, der ihm wohlgesonnenen US-amerikanischen Politikern zuwinkt, kommen ihm gerade recht.
Netanjahu setzt erneut aufs falsche Pferd. Im Herbst vor zwei Jahren machte er sich offen stark für den Kandidaten der Republikaner Mitt Romney. US-Präsident Barack Obamas zweite Amtsperiode begann mit Verstimmungen und so blieb es.
Die immer neuen Tiefpunkte in den Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem sind Dauerthema in den israelischen Medien. Solange die miese Stimmung keine Konsequenzen hat, stört sich jedoch niemand daran, schon gar nicht die Likud-Wähler, deren Sympathie für Obama ohnehin Grenzen hat.
Auf das Weiße Haus bleibt allemal Verlass. Selbst wenn dort ein Demokrat den Ton angibt, so hat der große Bruder jenseits des Atlantiks Israel im entscheidenen Moment noch immer den Rücken freigehalten. Die militärische Zusammenarbeit bleibt offiziell unangetastet, allerdings verzögerten die Amerikaner während des Gazakrieges im Sommer zum ersten Mal die Lieferung von Hellfire-Raketen. Vielleicht ist das ein Indiz dafür, dass auch Obamas Geduld ein Ende hat.
Uneinigkeit bei Verhandlungen über Irans Atomprogramm
Die Politik Israels den Palästinensern gegenüber ist seit Jahren ein Streitthema. Uneins ist man sich zudem bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm. Obama strebt nach einem Kompromis, während Netanjahu weiter auf Sanktionen setzt.
Die Hoffnung, dass nach dem überragenden Sieg der Republikaner bei den Kongresswahlen im vergangenen November nun wieder ein milderer Wind aus Richtung Nordwest auf Israel herunterweht, mag enttäuscht werden. Es könnte genau umgekehrt kommen. Denn Obamas Möglichkeiten, außenpolitisch zu agieren, werden von dem Kräfteverhältnis im Kongress kaum beeinflusst. Gerade jetzt könnte er versuchen, im nahöstlichen Friedenprozess auf einen Durchbruch hinzuarbeiten, der letztendlich auch aufgrund seines eigenen Zögerns bislang ausblieb.
Seinen Chefdiplomaten, Außenminister John Kerry, fast ein Dreivierteljahr allwöchentlich als Vermittler zu Friedensverhandlungen nach Jerusalem zu entsenden, ihm aber gleichzeitig jegliches Druckmittel zu verwehren, entbehrt schon einiger Logik.
Wie ernst soll man Obama nehmen, der einerseits auf die Gründung eines palästinensischen Staates drängt, andererseits den Palästinensern gerade dann mit dem Veto winkt, wo sie seine Hilfe am nötigsten brauchen, wenn sie mit dem Wunsch um Eigenstaatlichkeit vor die UN ziehen.
Vielleicht hat es Netanjahu bei seinem Spiel mit dem Feuer diesmal zu weit getrieben. Er soll sich die Finger verbrennen an seinem Pakt mit der Opposition in Washington. Knapp zwei Jahre bleiben Obama, um sich den Friedensnobelpreis zu verdienen, den er vor Jahren umsonst bekam.
Leser*innenkommentare
Rita Dütsch
Putin ist wie Snowdon viel zu Klug in so eine Falle zu tappen. Israel/Amerika, Deutschland/Russland, gar kein Vergleich. Die Juden haben in USA eine riesen Lobby.
In Deutschland regiert der vorauseilende Gehorsam.
1393 (Profil gelöscht)
Gast
Frau Knaul, erstmalig meinen Respekt für eine korrekte, wenn auch nicht vollständige, Darstellung dieser Gegebenheit.
Ja, Obama hat den Friedensnobelpreis für nichts außer leeren geheuchelten Worten (!) bekommen. Als er für die Menschenrechte und für den Frieden in Nahost wirklich was hätte machen können, nämlich die sichere(!) Wahl Palästinas zum UN Mitglied (und damit dem Zugang zum IGH !) nicht zu verhindern, hat er es nicht getan. Im Gegenteil, er hat bei Cast Lead und Protektive Edge tausende Ermordungen der Isr. Besatzungsmacht zugelassen, und dafür gesorgt, dass die Palästinenser, ganz besonders in Gaza, weiter ohne Menschenrechte verbleiben müssen.
Die Hoffnung, dass Obama mit seiner schwindenden Macht noch was erreichen will/kann, wird sich gemessen an seiner faktisch aktiven Parteinahme für israelische Besatzungsverbrechen wohl eher nicht erfüllen.
Dass Nethanjahu auf einen zukünftigen Republikaner-Präsidenten setzt, der seinem "Mäzen" Adelson,
http://www.uri-avnery.de/news/286/15/Das-Monster-auf-dem-Huegel
verpflichtet sein wird, ist kein Geheimnis.
Hilfe für die Menschenrechte der Palästinenser ist vorerst nicht aus den USA zu erwarten. Es bleibt "nur" die Hoffnung auf den ISTGH, der zumindest ein Umdenken in den Rom Statut Ländern mit der Entschleierung der Israelischen Propaganda bringen wird.
Kein Genfutter bitte!
Man stelle sich vor, Putin wird zwei Wochen vor einer Wahl in Russland
ohne Einverständnis der Bundes-Regierung vom Bundestag eingeladen
und kann dort im Parlament mit einer Rede seine Sicht des Ukraine-Krieges verkünden...