„Intensiveres habe ich nie gemacht“

Erhan Emre hat mit „Jack und Bob“ eine Kreuzberger Gangster-Komödie in Schwarzweiß und auf den Spuren von Dick und Doof gemacht. Heute Abend läuft sein Film in der Hochschulfilmreihe „rbb movies“ – in der wieder die Filmemacher von morgen in sechs Dreißigminütern „Große Gefühle“ zeigen

INTERVIEW FRIEDERIKE MEYER

taz: Herr Emre, wie kam es dazu, dass Ihr Film „Jack und Bob“ jetzt in der Hochschulfilmreihe des RBB läuft?

Erhan Emre: Ich habe mich mit einem Drehbuch beworben, wie etwa zwanzig andere Mitstudenten von der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb). Die Jury des RBB hat drei Drehbücher von unserer Hochschule ausgewählt und drei von der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF). Ich habe mich wahnsinnig gefreut, dass ich mit meinem Projekt dabei war. Es ist ja schon großartig: Man muss sich keine Sorgen ums Geld machen oder darüber, wie und wo man den Film platziert. Dadurch hatte ich den Luxus, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, auf die Geschichte, das Buch, die Besetzung und die Umsetzung. Das ist das Schönste, was es gibt.

Hatte der Sender denn eine Aufgabe gestellt?

30 Minuten Film zum Thema „Große Gefühle“ sollten entstehen. Dafür hatten wir im Sommer zehn Drehtage Zeit. Für jedes der sechs ausgewählten Teams gab es ein Budget von 18.000 Euro – und damit mussten wir selbständig haushalten.

Um welche großen Gefühle geht es denn in Ihrem Film?

„Jack und Bob“ ist eine Gangsterkomödie, die in Kreuzberg 36 spielt: Jack will das ganz große Ding durchziehen und mit seinem Komplizen, dem trotteligen Bob, eine Post ausrauben. Dann gibt es noch Gino, der den beiden als Fluchtwagenfahrer helfen will, selbst aber durch kleine Betrügereien in der Klemme steckt. Bobs Frau Gwen macht ihm zusätzlich noch die Hölle heiß. Im Großen und Ganzen geht es um Verantwortung, Freundschaft, Zusammenhalt und um das Kind im Mann. Die Sprache ist hart, die Figuren sind tragisch komisch. Der Film ist eine moderne Variante von Dick und Doof, über die ich mich totlachen kann. Und von den alten Klassikern kann man viel lernen – zum Beispiel auch, dass oft so einiges schief geht.

Warum spielt „Jack und Bob“ ausgerechnet in Kreuzberg?

Ich habe meine Jugend in Kreuzberg verbracht, mit lauter Chaoten, Egoisten und Größenwahnsinnigen. Ich habe das sehr genossen. Der Film treibt auf die Spitze, was ich beobachtet und erlebt habe. Die beiden Darsteller von Jack und Bob, Kubilay Sarikaya und Kida Khodr Ramadan, sind auch in Kreuzberg aufgewachsen und wussten sofort, wie ich mir die Umsetzung meiner Ideen vorstelle. Mit anderen hätte das nie so geklappt.

Welche Bedeutung hat dieser Film für Sie?

Es ist der erste, bei dem ich gleichzeitig Regie geführt habe und Produzent war. Es war die intensivste Arbeit, die ich je gemacht habe, gerade auch, weil so viel Persönliches dabei ist. Viele meiner Freunde haben mitgemacht, vor und hinter der Kamera. Mit Kubilay und Kida habe ich schon vor drei Jahren einen Fünfminüter gedreht, „Jack und Bob unter der Brücke“. Das war im ersten Studienjahr. Damals haben wir den Film an einem einzigen Wochenende runtergerockt. Ich habe schnell gemerkt, dass in Jack und Bob mehr steckt. Durch die „rbb movies“ hatte ich die Chance, das auszuprobieren – ich möchte aber mit den beiden Figuren auch noch weitermachen: Mit meiner Produktionsfirma arbeite ich gerade an einem Serienkonzept – die Möglichkeiten, Storys mit den beiden zu schreiben, sind nahezu unerschöpflich.

Sie haben bei „Jack und Bob“ gleichzeitig Regie geführt und den Produzentenhut aufgehabt. War das nicht ein bisschen viel?

Ich hatte das nicht so geplant, aber der Regisseur ist mir kurz vor Drehbeginn weggebrochen. Also musste ich das ganze Konzept umstellen und selbst Regie führen. Aber ich bin mit einem blauen Auge davongekommen: Die Redakteurin beim RBB hat mich stark unterstützt. Das passiert wirklich nur einmal in zehn Fällen, dass die Redaktion sich auf so ein Abenteuer einlässt und den Regisseur wie eine Katze im Sack kauft.

Die doppelte Arbeit am Film war aber auch sehr anstrengend: Ich ertappte mich ständig dabei, wie ich als Regisseur versuchte, mich als Produzenten übers Ohr zu hauen. Der Regisseur wollte einen Drehtag mehr, der Produzent in mir sagte: Geht nicht, das Geld reicht nicht. Letztendlich haben wir zwölf statt zehn Tage gebraucht – aber das lag an dem verregneten Sommer.

Wie geht es denn jetzt weiter für Sie? Wovon träumen Sie?

Vom Unabhängigsein. Davon, dass mir niemand reinredet. Aber ich bin ja nicht von gestern: Heutzutage muss man eigentlich immer Kompromisse eingehen. Deshalb bleibt das wohl ein Traum.