Timbuktu unter Beschuss

MALI Vor zwei Monaten erklärte Frankreich die Stadt für „befreit“. Jetzt versuchen islamistische Rebellen offenbar, sie zurückzuerobern, und verbreiten Angst

Terroristen und Islamisten sind weiter vor Ort und verfügen über ein gutes Netzwerk

VON KATRIN GÄNSLER

COTONOU taz | In Timbuktu wird wieder etwas Normalität einkehren. Das erklärte einen Tag nach dem schweren Bombenanschlag auf einen Militärposten ein Offizier der malischen Armee gegenüber der Zeitung Jeunes Afrique. „Timbuktu ist ruhig“, sagte er, nachdem es am Sonntag erneut zu schweren Gefechten zwischen Militär und islamistischen Rebellen gekommen war. Letztere hatten sich offenbar in einem leer stehenden Gebäude versteckt und von dort aus den Angriff geplant. Ziel war wohl, die historische Wüstenstadt, die rund 1.000 Kilometer von Bamako entfernt liegt, zurückzuerobern, zumindest aber die Streitkräfte vor Ort massiv zu schwächen. Am Sonntag soll dabei mindestens ein malischer Soldat ums Leben gekommen sein. Verschiedene Quellen sprechen außerdem von einem Zivilisten aus Nigeria sowie fünf Islamisten, die getötet wurden.

Der erste Angriff dieser Art ist das jedoch nicht. Mit einer ähnlichen Taktik versuchen die Rebellen bereits vor elf Tagen, den Flughafen von Timbuktu zurückzuerobern. Auch damals starb ein Soldat, mindestens zwei weitere wurden schwer verwundet.

Mit diesen gezielten Anschlägen demonstrieren die islamistischen Rebellen nun: Anders als Frankreich noch vor gut acht Wochen verkündet hatte, gelten Timbuktu, aber auch weite Teile des extrem dünn besiedelten Nordens keinesfalls als befreit. Im Gegenteil: Terroristen und Islamisten sind weiterhin vor Ort, kennen die Region und verfügen nach wie vor über ein gutes Netzwerk. Das stellt die malische Armee vor eine große Herausforderung: „Unsere Mannschaft vor Ort muss jetzt prüfen, ob die Terroristen weiter aktiv sind oder nicht“, so der Armeeoffizier nach den Angriffen vom Sonntag.

Mit kleinen, gezielten und überraschenden Anschlägen dürften die Rebellen es außerdem schaffen, nicht nur das Militär, sondern auch die Bevölkerung weiterhin in Angst und Schrecken zu versetzen. Diese verbarrikadierte sich während der Kämpfe in ihren Häusern. Aber auch sonst sind Misstrauen und Unsicherheit groß, berichten Augenzeugen aus der Stadt.

Mehr Sicherheit würde eine erhöhte Militärpräsenz – gerade durch die malische Armee – allerdings nicht unbedingt bedeuten. Vor allem Tuareg befürchten Übergriffe durch Soldaten – als eine Art Vergeltung. Deshalb flüchten seit Beginn der französischen Militärintervention weiter Malier in die Nachbarländer.

Kritisiert werden die malischen Streitkräfte aber auch erneut von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Ihren Informationen zufolge sollen malische Soldaten sieben mutmaßliche Islamisten in Léré unweit von Timbuktu über drei Wochen gefoltert haben. In der vergangenen Woche forderte HRW die Übergangsregierung in Bamako auf, die Vorfälle umgehend zu untersuchen.