Probleme mit dem Sturmgewehr G36: Deutsche Präzisionsarbeit

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kündigt an, die G36-Sturmgewehre auszutauschen. Der Opposition reicht das nicht.

Hat Probleme bei hohen Temperaturen: Sturmgewehr G36. Bild: ap

BERLIN taz | Die Bundeswehr bekommt neue Gewehre: Verteidigunsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat am Mittwoch angekündigt, 167.000 G36-Sturmgewehre wegen mangelnder Treffsicherheit auszumustern und durch neue Waffen zu ersetzen.

„So wie es heute konzipiert ist, hat das G36 in der Bundeswehr keine Zukunft mehr“, sagte sie nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestags. Ob sie das Modell des Herstellers Heckler & Koch nur verändern möchte oder ob das Ministerium komplett neue Waffen eines anderen Unternehmens ordert, ließ sie offen.

Der Verteidigungsausschuss hatte von der Leyen zuvor in nichtöffentlicher Sitzung zu den Mängeln des G36 befragt. Spätestens im November 2011 hatte die Bundeswehr festgestellt, dass ihre Standardwaffe nicht immer geradeaus schießt. Ein Gutachten, das das Ministerium in Auftrag gegeben hatte und das am vergangenen Freitag vorgelegt wurde, bestätigt die Beschwerden: Wenn ein Soldat in kurzer Zeit viele Schüsse abgibt und sich die Waffe dadurch erhitzt, nimmt ihre Treffsicherheit rapide ab. Teilweise trafen im Labor nur sieben Prozent der abgegebenen Schüsse ihr Ziel.

Nach Auffassung der Opposition hat die Regierung viel zu lange an dem Gewehr festgehalten. Jan van Aken (Linkspartei) verwies nach der Ausschusssitzung auf einen Vorfall aus dem Jahr 2013: Der Bundesrechnungshof habe dem Ministerium damals einen Bericht geschickt, in dem er die Trefferquote des G36 bemängelte. Nur zwei Tage nachdem das Dokument eingetroffen war, habe das Ministerium neue Sturmgewehre bestellt – 3.000 Stück vom gleichen Modell. „Das Geld ist weg“, sagte van Aken. Schadensersatz könne die Regierung vom Hersteller nicht fordern. Seine Kritik richtete der Linksparteiabgeordneten auch an von der Leyen selbst: „Sie wusste von Anfang an von dem Problem. Trotzdem hat es wieder ein Jahr gedauert, bis sie jetzt endlich reagiert hat.“

Während die Unionsfraktion die Ministerin nach ihrer Befragung in Schutz nahm (laut Ausschussmitglied Henning Otte blieb „keine Frage offen“), kritisierten Linke und Grüne von der Leyens Auftritt: Sie sei schlecht vorbereitet gewesen, habe auf Fragen ausweichend geantwortet und nicht alle relevanten Berichte vorgelegt. Bis zur nächsten Sitzung im Mai solle ihr Ministerium die Dokumente nachliefern. Ansonsten müsse sich unter Umständen demnächst ein Untersuchungsausschuss mit dem G36 beschäftigen.

Der Waffenhersteller Heckler & Koch versucht derweil, seinen ramponierten Ruf wieder aufzupolieren: Auf seiner Homepage zitiert er anonyme Bundeswehrsoldaten, die durchweg angeben, mit dem Sturmgewehr zufrieden zu sein. In einer Stellungnahme hatte das Unternehmen zuvor bereits kritisiert, dass die Bundeswehr „trotz mehrfacher persönlicher und öffentlicher Aufforderung bis heute mit Heckler & Koch keinen technischen Dialog zu den aktuellen Vorwürfen aufgenommen“ habe.

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