„Das Töten trainiert“

Doku über mittelamerikanische Jugendbanden

■ 60, berichtet als freie Journalistin aus Süd- und Mittelamerika. Sie dreht Dokumentation, produziert Radiofeatures und schreibt.

taz: Frau Harzer, Sie filmten in einem Gefängnis in Honduras. Wen haben Sie dort getroffen?

Erika Harzer: Der Film beschreibt die Arbeit einer Schweizerin, die mit jungen Gefangenen arbeitet. Vier dieser jungen Männer erzählen ihre Geschichte. Zwei von ihnen waren Mitglieder der Jugendbande Mara 18.

Was für eine Gruppe ist das?

Sie ist eine der zwei großen Jugendbanden in Mittelamerika, die in den neunziger Jahren in den USA entstanden sind und mittlerweile voll involviert sind in illegalen Waffen-, Menschen- und Drogenhandel. Diese Bandenmitglieder sind willkommene „Dienstleister“ für das organisierte Verbrechen, denn sie haben das Töten trainiert. Mich hat interessiert, weshalb die Jugendlichen in diese Banden eintreten.

Was ist Ihre Antwort?

Man muss sich fragen: Was ist das für eine Gesellschaft, in der schon Kinder in den Jugendbanden ihre Familie finden? In Honduras wachsen sie in extremer Armut auf und sind von klein auf mit Gewalt konfrontiert. Die Menschenrechtslage in dem Land ist prekär. Doch für uns ist es eine vergessene, uninteressante Region.

Wie waren die Gespräche?

Ich habe in den Interviews Dinge gehört, bei denen ich zuerst dachte: Das habe ich jetzt falsch verstanden. Sie haben ihre Taten sehr freimütig und skrupellos beschrieben. Einer meiner Gesprächspartner kam als 11-Jähriger in die Bande. Er kann nie wieder in die Normalität zurück. Die Bande ist ein Bund fürs Leben. Das ist der bittere Aspekt: Die Region leidet sehr unter den brutalen Morden, die von den Banden begangen werden. Aber kein Mitglied wurde gewalttätig geboren.  INTERVIEW: KLU

Film: „El Porvenir adentro – Angekommen in El Porvenir“: 19 Uhr, Kommunales Kino Metropolis, Kleine Theaterstraße 10