Diesseits des Weißwurstäquators

AUSTAUSCH Kunst aus Oldenburg in Berchtesgaden beziehungsweise anders herum: ein gemeinsames Projekt will Kunstschaffende aus den entgegen gesetzten Ecken der Republik zusammenbringen

VON MAIK NOLTE

Aus Berchtesgadener Sicht ist Oldenburg vielleicht so etwas wie die große, weite Welt. So sagt Friederike Reinbold, Leiterin des Heimatmuseums Schloss Adelsheim, das süddeutsche Wintersportlerziel verfüge zwar über „eine kleine, feine Künstlerszene“ und eine Fachschule für Holzschnitzerei, aber nicht über nennenswerte Galerien oder Museen von überregionalem Rang.

Umso interessanter dürfte es für Berchtesgadener Künstler da sein, ihre Werke im rund 1.000 Straßenkilometer entfernten Oldenburg auszustellen: Das Stadtmuseum zeigt in der Ausstellung „Der Süden im Norden“ Bilder und Plastiken von sieben Alpen-Künstlern. Im Sommer folgt dann „Der Norden im Süden“ mit Oldenburger Werken im äußersten Südosten.

Initiator dieser Beziehungen ist Peter A. Reimers, einst Vorsitzender des Oldenburger Kunstvereins. Er verbringt immer wieder mal Zeit in seinem Berchtesgadener Zweitdomizil und hat Kontakte zur Oldenburger Szene aufgebaut. Vor vier Jahren vermittelte er eine Ausstellung eines Oldenburger Bildhauers in den Touristenort, nun sind es gleich sieben Berchtesgadener, die ihre Arbeiten zeigen können.

Das klingt ein wenig nach Privatvergnügen, aber ohne Menschen wie Reimers würde in der Kulturlandschaft vieles einfach nicht funktionieren, sagt Friedrich Scheele, Leiter der Städtischen Museen: Ohne ihr Engagement wären solche Projekte schon aus Etatgründen nur schwer zu bewerkstelligen.

Nicht nur aufgrund der Entfernung – viel weiter kann man in Deutschland kaum voneinander entfernt sein – ist dieser Nord-Süd-Kontakt kein alltägliches Unterfangen. Neben der nun eröffneten Ausstellung, die einen Querschnitt repräsentieren soll, stehe der Austausch im Mittelpunkt, sagt Kuratorin Sabine Isensee: Kunstschaffende, die sich ansonsten kaum je über den Weg laufen würden, könnten miteinander in Kontakt treten. Vielleicht lasse sich so die eine oder andere Gemeinsamkeit entdecken. In der Tat erinnern die mit der Kettensäge geschaffenen Holzobjekte der Berchtesgadenerin Felicia Däuber durchaus an Bronzeplastiken des Oldenburger Bildhauers Udo Reimann. Und zum Portfolio des Malers Jub Mönster, der an der Sommerschau in Berchtesgaden teilnehmen wird, zählen Bergmotive, die wirken wie aus Heimatfilmen herausgeschnitten wirken – und für die sein bayerischer Kollege Siegfried Gruber wiederum eine ganz andere Bildsprache entwickelt hat.

Es sei „kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander“, sagt die Adelsheim-Direktorin Reinbold. Eines, das sich als fruchtbar erweisen könnte.

Und vielleicht zahlt es sich für den einen oder anderen ja auch in materieller Hinsicht aus. Denn trotz individuell mal mehr, mal weniger umfangreicher Ausstellungstätigkeit hätten es Berchtesgadener Künstler nicht eben leicht, sagt Reinbold: „Leben kann keiner davon“, einige verdienen sich ihre Brötchen als Lehrer – und das Publikum sei dort „auch etwas schwer zu bewegen“. Vielleicht sieht das am anderen Ende des Landes, in Oldenburg, ja ganz anders aus. Vielleicht aber gilt es andersherum ganz genauso.

„Der Süden im Norden. Malerei, Skulpturen und Objekte aus Berchtesgaden“: bis 5. Mai 2013, Stadtmuseum Oldenburg. „Der Norden im Süden. Malerei, Skulpturen und Installation aus Oldenburg“: 6. Juli bis 18. August, Berchtesgaden, Heimatmuseum Schloss Adelsheim