Krankenkassen wollen Zusatzbeiträge einführen

GESUNDHEIT Millionen Versicherte sollen stärker belastet werden. Vier Kassen sind ganz vorn dabei

KASSEL taz | Millionen gesetzlich Krankenversicherte sollen wohl bald die umstrittenen Zusatzbeiträge bezahlen. Dem Bundesversicherungamt liegen bereits vier Anträge von Krankenkassen vor, die solche Aufschläge verlangen wollen. Es rechnet mit etlichen weiteren.

Als erste größere Kasse hat die Deutsche BKK angekündigt, in den „nächsten Wochen und Monaten“ mit Zusatzbeiträgen loszulegen. Die Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet, auch die DAK wolle den Schritt bald gehen. Die Chefs beider Kassen werden am Montag bei einer Pressekonferenz auftreten. Rund ein Dutzend Kassen werden dort vertreten sein, kündigte die Sprecherin der Deutsche BKK, Lydia Krüger, am Donnerstag an. Es gehe um einen positiven Umgang mit dem „Tabuthema“ Zusatzbeiträge. „Wir wollen das Eis brechen“, so Krüger. Die Zusatzbeiträge seien gesetzlich vorgeschrieben und politisch gewollt: „Sie werden normal werden – ob uns das gefällt oder nicht.“ Die DAK hat offiziell noch nicht bestätigt, dass sie bald Zusatzbeiträge nehmen will. „Wir haben noch keinen Beschluss gefasst“, betont Sprecher Jörg Bodanowitz. Im Verlauf des Jahres würden aber die meisten Kassen solche Beiträge beschließen müssen. Das liege an der Finanzsituation des Gesundheitsfonds.

Nach offizieller Schätzung wird der Fonds in diesem Jahr eine Deckungslücke von rund 4 Milliarden Euro aufweisen. Der Ersatzkassenverband schlug gestern vor, 4,5 Milliarden Euro bei den Arzneimittelausgaben zu sparen. Dies sei mit einem Preismoratorium, Preisverhandlungen vor der Markteinführung neuer Medikamente und einer Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arznei möglich.

Die Kassen dürfen Zusatzbeiträge erheben, wenn sie mit ihren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. So zahlen steigende Gesundheitsausgaben vor allem die Beitragszahler. Von Arbeitgebern und Rentenkasse werden keine Zusatzbeiträge verlangt. Bisher gibt es Grenzen für die Belastung: Mitversicherte Familienmitglieder zahlen keine Zusatzbeiträge. Von ihren Mitgliedern dürfen die Kassen pauschal bis zu acht Euro im Monat verlangen. Jenseits dieses Betrags greift eine Belastungsgrenze von einem Prozent des beitragspflichtigen Einkommens.

Laut Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sprechen die angekündigten Extrazahlungen für eine Kopfpauschale. Anders als bei den Zusatzbeiträgen solle es dabei für Ärmere einen Ausgleich aus Steuermitteln geben, sagte er am Donnerstag im Bundestag. KATJA SCHMIDT