Bezirk will Ateliers zu Büros umbauen

VERDRÄNGUNG Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf will Ateliers räumen lassen, weil sie die Räume selbst braucht. Eine „kulturpolitische Katastrophe“, sagt der Berufsverband bildender Künstler

Neun KünstlerInnen teilen sich die Atelieretage in der ehemaligen Diskothek Riverboat in Wilmersdorf. Hier entstehen Gemälde, Multimedia-Installationen, Skulpturen und Fotoarbeiten. Offene Ateliertage und eine intensive Zusammenarbeit mit Grundschulen in der Nachbarschaft sind für die KünstlerInnen des Vereins Kulturplus e. V. selbstverständlich. Doch damit soll bald Schluss sein. Die KünstlerInnen müssen ihre Ateliers räumen. Das Bezirksamt wolle die Flächen für Büroräume nutzen, teilte der Berufsverband bildender Künstler (bbk) mit. „Eine kulturpolitische Katastrophe“ nennt Bernhard Kotowski, Geschäftsführer des bbk, die Entscheidung des zuständigen Bezirksstadtrats Klaus-Dieter Gröhler (CDU).

Der Mietvertrag für das Kulturprojekt des Bezirkes laufe im September ab, doch nach Angaben Kotowskis will Gröhler die Ateliers „baldmöglichst räumen lassen“. Gröhler bestätigte der taz, dass das Bezirksamt die Atelierräume am Hohenzollerndamm für Büros des Stadtplanungsamtes benötige. Kotowski entgegnet allerdings, dass sich die Ateliers gar nicht für Büroräume eigneten. Höchstens als Aktenlager wären sie zu gebrauchen, sagte er. Das hätte ihnen ein Statiker in einem Gutachten bestätigt. Die Räume des Kunstvereins waren 1996 für 600.00 DM aus dem Kulturhaushalt zu Ateliers umgebaut worden. „Ohne Not wird hier ein Kunst- und Kulturstandort im alten Westen Berlins aufgegeben“, sagte Kotowski, „nur um kurzfristig Mittel einzusparen.“

Gröhler dagegen verweist auf Ersatzräume in Siemensstadt, die den KünstlerInnen zur Verfügung stehen würden. „Von einem Kahlschlag im Westen Berlins kann keine Rede sein“, sagte er. Das Ausgleichsangebot sei eine alte Kindertagesstätte, die sich absolut nicht für die Ateliernutzung eigne, erwidert Kotowski. „Wenn Berlin weiter landeseigene Flächen für Kunst aufgibt, vor allem im Westen, kann man die Stadt in einigen Jahren als Arbeitsplatz für Künstler komplett vergessen“, lautete seine düstere Prognose.

Denn nicht nur die Ateliers am Rathaus sind in Gefahr, auch die in der Sigmaringer Straße in den Räumen des ehemaligen Gesundheitsamts könnten geschlossen werden. Das Bezirksamt prüfe zurzeit, ob auch diese Flächen als Büroräume genutzt werden müssen, sagte Gröhler.

CHARLOTTE LANGENKAMP