Anfeindungen statt Dankbarkeit

In Findorff wird erbittert um die Entlassung einer Mitarbeiterin im Jugendzentrum gestritten. Ist die „Bras“ als vorgesehener Träger nun dafür verantwortlich, dass sie gehen musste – oder dass sie so lange bleiben durfte?

Bremen taz ■ Die gute Nachricht zuerst: Mit der Arbeit, die bislang im Jugendzentrum Findorff geleistet wird, sind alle hochzufrieden. Nun die schlechte: Alle befürchten, dass sich das ändern wird. Die Ansichten über die Gründe gehen jedoch derart auseinander, dass plötzlich alle allen alles zutrauen, dass Menschen im Beirat schon mal aufeinander losgehen und ein Amtsleiter zu disziplinarischen Mitteln greift. Auslöser für all die Turbulenzen ist die Entlassung einer verdienten Mitarbeiterin im Freizi. Schuld daran ist die längst beschlossene Privatisierung. Oder das Anpassungskonzept. Oder doch der vorgesehene neue Träger? Es ist vertrackt.

Fakt ist, dass durch das Anpassungskonzept seit Jahren Gelder von gut gestellten Stadtteilen in sozial schwächere transferiert werden. Fakt ist, dass der Jugendhilfeausschuss und die Jugenddeputation im Februar 2005 die Übertragung der Jugendfreizeitheime an freie Träger beschlossen haben, um diese wirtschaftlicher zu betreiben. Fakt ist auch, dass die „Bras“, ehedem „Bremer Arbeitslosen Selbsthilfe“, von den Controlling-Ausschüssen im Mai als neuer Betreiber des Jugendzentrums in Findorff ausgeguckt wurde – und letztlich Ende November dort eine von drei Stellen wegfiel. Doch wie hängt das alles zusammen?

Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Busch blickt durch. Anscheinend. Sie sehe ganz klar, wie die Einrichtung durch die Bras kaputt gespart werde. Die Kürzungen im Rahmen des Anpassungskonzepts habe man noch akzeptiert, sagt Busch. Seit der Entscheidung, dass die Bras Träger wird, habe es jedoch keinerlei positive Entwicklungen gegeben. „Jetzt hat die Bras wegen der unklaren Lage aktuell auch noch einer Mitarbeiterin gekündigt, obwohl diese dringend gebraucht wird“, sagt Busch und meint damit besagte entlassene Mitarbeiterin. Die SPD-Frau fordert daher, das Freizi als Eigenbetrieb fortzusetzen, die Privatisierung rückgängig zu machen. Die Jungliberalen und der jugendpolitische Sprecher der Grünen, Jens Crueger, sind der gleichen Meinung. „Zurück auf Los“, sagt Crueger.

Uwe Lange kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Der Bras-Geschäftsführer spricht von einer „sachlich völlig falschen Darstellung“. Dass die dritte Stelle wegfällt, sei durch das Anpassungskonzept längst beschlossen, das habe mit der Privatisierung nichts zu tun. „Diese Verantwortung liegt bei der Bürgerschaft“, sagt er. Die Bras als Kooperationspartner habe im Gegenteil durch arbeitsmarkt-politische Maßnahmen die Kündigung noch erheblich hinausgezögert. „Ich hätte erwartet, dass die sich bei uns bedanken.“

Das Gegenteil war der Fall. In einer Beiratssitzung sind Lange und der stellvertretende Leiter des Freizi heftig aneinander geraten. „Ich habe mich ein bisschen ereifert“, räumt Lange ein. Ortsamtsleiter Hans-Peter Mester spricht dagegen von einer üblen Auseinandersetzung: „Das Verhältnis der Kooperationspartner hat sich dramatisch verschlechtert.“ Man habe im Beirat daher parteiübergreifend einstimmig beschlossen: „Hände weg von der Privatisierung.“

Es muss offenbar um mehr gehen als den Wegfall einer Stelle. Gerade auch, weil der Leiter des Amtes für Soziale Dienste, Jürgen Hartwig, bestätigt, dass tatsächlich alleine die Bras den Erhalt der Stelle bis Ende November gesichert habe. Jedoch: Der ausgewählte Träger ist nicht gerade bekannt für seine jugendpolitische Arbeit, vielmehr dafür, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie Ein-Euro-Jobs zu organisieren. In Findorff geht nun die Angst um, die Bras könne diese eigenen Interessen stärker vertreten als es das Anpassungskonzept vorsieht. Im Klartext: Die langjährige Leiterin des Freizis und ihr Stellvertreter stehen demnach auf der Abschussliste.

Offen spricht diese Befürchtung niemand aus. Amtsleiter Hartwig hat den beiden Betroffenen Stillschweigen verordnet. „Jugendliche brauchen vertraute Ansprechpartner und nicht ständig wechselnde Ein-Euro-Jobber“, so sagt es Jens Crueger von den Grünen. Der zuständige Stadtteilleiter im Sozialzentrum, Peter Kerscher, will beruhigen. Man werde bei der Privatisierung auf die inhaltliche Ausgestaltung des Anpassungskonzepts achten und diese vertraglich mit der Bras absichern, sagt er. „Wer sich nicht an die Kriterien hält, bekommt auch keine Knete.“

So ist man im Amt weiterhin von einem künftigen Träger Bras überzeugt. Man habe den Eindruck, sagen Hartwig und Kerscher, dass die Missverständnisse zwischen den Parteien in zwei Gesprächen ausgeräumt wurden. Wohl nicht ganz: „Wir können durch Ein-Euro-Jobs noch was drauf packen, aber wir müssen das nicht tun“, sagt nämlich Bras-Chef Lange. Dann bleibe es eben bei zwei Stellen, er sei da ganz leidenschaftslos. Es sei ihm „schnurzegal“, sagt Lange, ob man künftig als Kooperationspartner oder als Träger zusammenarbeite. „Ach“, sagt da Amtsleiter Hartwig, „diese Haltung ist mir neu.“ Achim Graf