Großbauern im Osten bekommen noch mehr Land

AGRAR Der Staat will höheren Anteil als bisher ohne Ausschreibung an die derzeitigen Pächter verkaufen

BERLIN taz | Der Bund will noch mehr Äcker und Wiesen aus DDR-Besitz an wenige Großbetriebe verkaufen. Beamte der Bundesregierung und der neuen Länder haben vereinbart, dass die Treuhandgesellschaft BVVG mehr Agrarflächen als bisher ohne Ausschreibung an die jetzigen Pächter vergeben soll. Das sind meist riesige Unternehmen, die nach der Wende unter oft dubiosen Umständen Pachtverträge erhalten haben. „Die Vertreter der neuen Länder haben zugesagt, im Laufe dieser Woche die politische Zustimmung zu signalisieren“, erklärte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums am Dienstag. Dann könnte die BVVG nach den neuen Regeln ihre restlichen 420.000 Hektar – mehr als die doppelte Fläche des Saarlands – privatisieren. Der ostdeutsche Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Jörg Gerke, kritisierte die Pläne: „Bevorzugt werden ausgerechnet Großbetriebe, die auf industrielle Massentierhaltung setzen und die Einführung der grünen Gentechnik forcieren.“

Schon bisher hat die BVVG nach eigenen Angaben mehr als 91 Prozent der Flächen ohne Ausschreibung an den jeweiligen Pächter verkauft. Für die Käufer war das äußerst lukrativ, denn ohne lästige Mitbieter lag der Preis niedrig. Laut offizieller Statistik kamen dabei besonders juristische Personen zum Zug – also vor allem Nachfolgeunternehmen der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) aus DDR-Zeiten. Rund 80 Prozent der Betriebe in Ostdeutschland, so schätzt Gerke, gingen dagegen leer aus.

Das Verteilungsproblem ist nun wieder akut, weil viele Pachtverträge auslaufen und die BVVG das Land verkaufen will. Der Zeitpunkt ist für die Betriebe denkbar ungünstig, denn die Bodenpreise sind wegen der höheren Nachfrage nach Agrarprodukten gestiegen. Brandenburgs Agrarministerium begrüßt darum die Vergabe ohne Ausschreibung. Sonst könnten finanzkräftige „institutionelle Anleger“ den derzeitigen Besitzern das Land abluchsen, warnt Sprecher Jens-Uwe Schade. Etwa Fonds, die in den neuen Ländern keine Steuern zahlen und die Biogasanlagen mit wenig Arbeitsplätzen bauen könnten. „Da kommt die ganze Agrarstruktur im Osten unter die Räder.“

AbL-Sprecher Gerke befürchtet hingegen, dass gerade die geplante Vergabepraxis langfristig den Ausverkauf an Großinvestoren befördert. Für sie seien die von der BVVG begünstigten großen Einheiten ein „ideales Investitionsobjekt“ – viel mehr als kleinere Betriebe, die er sich wünscht. JOST MAURIN