Das Kopyshop Kapitel 26 (Ende): Das neue Dorf

Was bisher geschah: Die Blipiden sind mit einem Sack Marshmallows im Weltall verschwunden

„Das Raumschiff kennt keiner, aber unsere Antenne am Alexanderplatz hat sogar ein drehbares Restaurant“

Der Supervisor des 38. Aufklärungsgeschwaders blickte erwartungsvoll auf FP Chi und seine Crew. „Ich kann es kaum erwarten, meine drakonischen Überflieger zu starten, um die nach harter Arbeit lechzenden Heloten auf R-D nach Strich und Faden zu unterjochen und in die Marshmallow-Minen zu zwingen.“

„Tja, also, unterjochen …“ FP Chi runzelte die Stirn.

„Die sind gar nicht so arbeitsam, diese Heloten“, sagte der Erste Maat C2H5OH. „Es gibt da einen Zeitabschnitt, der heißt Nacht. Da schlafen, tanzen und summen die Heloten, alles mit Koffein.“

„Sie summen sehr gerne, hinterher sind sie völlig erschöpft“, sagte Professor Median. „Insgesamt lassen die Leistungskurven stark zu wünschen übrig.“ Er hob sein blaues Klemmbrett und deutete auf eine Grafik.

„Sie sind schwer zu kontrollieren“, ergänzte Professor Phäno. „Auf R-D gibt es eine Vielzahl von Kleinstreligionen. Es wäre nicht damit getan, die mehrfarbigen Altäre zu schänden, die sich in den Hinterhöfen befinden. Kulturelle Hegemonie braucht langjährige Missionstätigkeit.“

„Sie sind überdurchschnittlich aggressiv“, spann C2H5OH den Faden fort. „Major Canis musste gegen einen haarlosen Heloten unmittelbaren Zwang anwenden.“

„Aber die Marshmallows sind von hervorragender Qualität.“ Der Supervisor zog einen Flunsch.

„Sehen Sie mal, was wir in der Fabrik gefunden haben.“ FP Chi überreichte dem Supervisor ein Buch: Marshmallows kochen für Dummies.

„Dummies, so nennen sich die Heloten selbst“, erklärte Professor Phäno.

„Mit Hilfe dieses Buches können auch wir Marshmallows synthetisieren“, fügte Professor Median hinzu.

Der Supervisor blätterte in dem Buch und schüttelte den Kopf. „Unsere Gelatinesümpfe, die Zuckerwüste und die Eischneewehen sind alles relevante Rohstoffe. Das ist ja wunderbar.“

„So müssen wir die ganzen Marshmallows auch nicht für eine Invasion verheizen“, sagte der Erste Maat.

„Außerdem“, sagte Professor Phäno, „ist es auf R-D sehr schmutzig, um nicht zu sagen unglaublich verdreckt. Es ist alles zugemüllt mit Bäumen, Gras und sogar Blumen. Ein im Grunde verwahrloster Planet.“

„Weshalb auch nie jemand dort war“, sagte Professor Phäno. „Das versteinerte Raumschiff war in Wirklichkeit ein Tor aus Stein.“

„Und das Raumschiff in der Rchrzzzztrzkskrzstraße haben wir auch nicht gefunden“, sagte FP Chi.

„Aber das Raumschiff gibt es, FP Chi“, erwiderte der Supervisor. „Da können Sie Ihre süße kleine Gallertschicht darauf verwetten.“ Er räusperte sich: „Gut, wir kochen unsere Marshmallows selbst und lassen die Heloten zunächst in Ruhe.“

Seit das Raumschiff der Blipiden im Dunkel der Nacht verschwunden war, war Jenny ruhelos. Sie hatte die gestohlenen Kopierer verkauft. Für das Geld hatte sie eine neue Fotoausrüstung bekommen. Sie hatte die Fotos von den Blipiden bei einer Trekkie-Convention wie geschnitten Brot verkauft. Aber spätnachts fuhr sie immer wieder zur Süßwarenfabrik. Männer in weißen Laborkitteln machten sie wehmütig. Gerade schlürfte sie schweigend einen Harvey Wallbanger und wartete darauf, dass sich aus dem Nachtschatten das erste Blinzeln des neuen Tages hervorwagte. Der Barkeeper hatte sich als Jan vorgestellt, und manchmal glaubte Jenny, dass sie ihn doppelt sah. Jedenfalls redete er für zwei.

„Pst, freundliche Helotin, man hat uns geflüstert, dass du vor ein paar Wochen mit einem Blipiden gesummt hast, dass die Wände gewackelt haben. Du traust dich ja was.“ Barkeeper Jan schob ein Glas auf die Reinigungsbürste.

Jenny bekam einen Hustenanfall. „Woher … Wie … So ein Quatsch.“

„Uns brauchst du nichts erzählen. Weltall ist das neue Dorf und hier ist die Dorflinde. Schon mal nach einem Raumschiff hier in der Stadt gesucht?“

„Die Rchrzzzztrzkskrzstraße in Mitte“, entfuhr es Jenny.

„Ist hier und heißt Rungestraße“, sagte Jan. „Das Raumschiff kennt keiner, aber unsere Antenne am Alexanderplatz hat sogar ein drehbares Restaurant.“

Hinter der Theke tauchte ein zweiter Kopf auf: „Club Mate ist bald alle.“

„Darf ich vorstellen“, sagte Jan, „mein anderer Kopf. Er heißt Us. Kann man sich gut merken, Jan und Us, vom Planeten Keineneun aus der Doppelkopf-Galaxie.“

Jenny kippte den Rest des Cocktails hinunter. „Ihr seid auch …“

„Klar sind wir auch … Übrigens, wir suchen eine Pilotin für unseren Pizzabringdienst. Wir liefern in alle Stadtteile außer Lichtenrade und in die wichtigsten Galaxien.“

„Auch nach Strobosolis? Nach Blip?“ Jennys Augen leuchteten. „Aber das dauert doch eine Ewigkeit.“

Jan nickte, und Us schüttelte den Kopf. „Ist alles ausgeschildert“, sagte Jan. Und Us fragte: „Wann kannst du anfangen?“