Zelten als Zvilicourage

Bewohner des alten Campingplatzes besetzen nach Kündigung ihren Lebensraum und ein Stück Natur

Bremen taz ■ Eigentlich sollten sie seit Tagen das Gelände geräumt haben, doch sie sind noch da. Die Dauercamper vom alten Campingplatz am Unisee haben auch nicht vor, dass sich das ändert. Dabei wurde der Pachtvertrag von der der Bremer Investitions-Gesellschaft (BIG) zum 31. Dezember gekündigt. Die Bewohner sollen Platz machen für die Westerweiterung des Technologieparks – die eventuell nie kommt. Daher wollen die Bewohner nun kämpfen, um ihren Lebensraum und ein Stück Natur.

Inmitten dieser wohnt Uwe in seinem Wohnwagen. Wie lange noch, ist unklar. „Wir wissen gar nichts“, sagt er. „Vor zwei Monaten haben wir unseren Anwalt zur BIG geschickt, um zu verhandeln, aber seitdem von denen nix mehr gehört.“ Die rund 20 Dauergäste halten den Platz derzeit besetzt. „Unsere Pacht überweisen wir unserem Verein“, sagt Uwe. „Wir sind es ja, die den Laden hier am laufen halten.“ Der Verein, das sind die „Freunde und Dauercamper des Naturcampingplatzes Bremen“ um Ex-Bausenator Konrad Kunick (SPD). Doch der Vorsitzende weilt im Urlaub. Stellvertreter Dieter Heckendorf ist da an diesem Mittwoch. Wie eigentlich jeden Tag seit 1997. Tausende Unterschriften habe man gesammelt, aber es habe alles nichts genutzt, sagt er, kopfschüttelnd. „Wir wären ja bereit, zu räumen, aber es gibt ja nicht mal einen Bebauungsplan.“

Den gibt es in der Tat nicht, aber bei der BIG denkt man über eine „provisorische Zwischennutzung“ nach. Nichts konkretes, aber Gedanken, das schon. Und gerne hätte man mit dem Vereinsanwalt gesprochen, meint BIG-Abteilungsleiter Heiko Fischer, „aber der war in Weihnachtsurlaub“. Nun wird nächste Woche verhandelt, wobei Fischer weiter von der Räumung ausgeht. Mehr will er nicht sagen, er wolle dem Gespräch nicht vorgreifen. Immerhin hat die BIG dem früheren Pächter jetzt Bleiberecht in der Betreiberwohnung bis Ende März eingeräumt. Wie es mit ihm danach weitergeht, weiß er nicht. Auch 17 MitarbeiterInnen habe er kündigen müssen, sagt er unter Tränen. „Acht Jahre habe ich das gemacht. Nun bin ich raus.“

Der Betreiber des neuen Campingplatzes am Stadtwaldsee hat laut BIG dagegen „das günstigste Konzept vorgelegt“, ganz einfach. Doch für die Dauercamper ist das noch fast kahle Gelände keine Alternative. „Da hat‘s beim Dezembersturm gleich ein Vorzelt weggefetzt“, erzählt Uwe. Auch die Parzellen seien zu klein für ihre bis zu 15 Meter langen Gespanne. Und Freund Andi, der früher mit dem Zirkus durch die Lande zog, glaubt, dass man nebenan wohl lieber Wochenendcamper haben möchte.

„Wir wollen keine Konkurrenz sein und die anderen schlecht machen“, das ist Dieter Heckendorf wichtig. „Wir würden das hier in Eigenregie weiterbetreiben.“ Voller Stolz zeigt er die pieksauberen sanitären Anlagen, die entgegen anderer Gerüchte keinesfalls marode sind. Noch mehr geht es ihm aber um den Erhalt des Erholungsraums am Unisee, die Angst vor Abholzkommandos und Baggern. „Sie sollten im Frühling wiederkommen“, sagt er. „Dann singen hier die Nachtigallen.“ Achim Graf