Auf eigene Rechnung

Niedersachsen will zum 1. Juli ein eigenes Kombilohn-Modell einführen – trotz heftiger Kontroversen im Bund

Bei der umstrittenen Einführung eines Kombilohn-Modells im Niedriglohnsektor plant Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) einen Alleingang: Ab 1. Juli diesen Jahres sollen in Niedersachsen Jobs mit einem Bruttogehalt von bis zu 1.500 Euro durch das Land bezuschusst werden, so ein Regierungssprecher. Arbeitgeber sollten bei befristeter Einstellung eines Langzeitarbeitslosen eine Förderung von 400 Euro monatlich erhalten, der Arbeitnehmer bekomme 200 Euro, so der Sprecher weiter. Die Förderung werde auf sechs Monate begrenzt, verlängere sich aber bei Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis um vier Monate. Gefördert werden nur neue, zusätzliche Jobs, die sozialversicherungspflichtig sind.

„Kombilöhne sind kein Allheilmittel zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit, aber sie können bei richtiger Anwendung einen wichtigen Beitrag zur Integration von Gering-Qualifizierten in den Arbeitsmarkt leisten“, sagte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) dem Magazin Focus. Wichtig sei, dass über die Förderung vor Ort entschieden werde und sie zeitlich befristet sei. „Eine bundesweite Regelung würde ansonsten zu unübersehbaren Mitnahmeeffekten führen“, meinte Wulff.

Auf Bundesebene soll das Thema „Kombilohn“ heute und morgen bei der Kabinettsklausur in Genshagen bei Berlin zur Sprache kommen. Laut Koalitionsvertrag soll in den nächsten Monaten eine Neuordnung des Niedriglohnsektors einschließlich staatlich bezuschusster Kombilöhne geprüft werden. Die CDU strebt die Einführung von Kombilöhnen bereits Anfang 2007 an. Die SPD äußerte sich bislang skeptisch zum Kombilohn und will ihn mit Plänen für gesetzliche Mindestlöhne verknüpfen.

Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel hat sich indes entschieden gegen Kombilöhne ausgesprochen. Hickel warnte vor einem riesigen Subventionstopf: Die Kosten pro zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeit lägen bei mindestens bei 40.000 Euro jährlich. Zugleich gerate die Tariflandschaft mit dem neuen Modell unter die Lohndrückerei.

Auch der Hamburger DGB-Vorsitzende Erhard Pumm befürchtet, dass das Kombilohnmodell „ein Milliardengrab für öffentliche Gelder wird, ohne dass zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.“ Pumm: „Für‘s Nixtun stellt kein Unternehmer jemanden ein, egal wie wenig der kostet.“ Die Gewerkschaften lehnten Kombilöhne grundsätzlich ab, weil sie befürchteten, dass dadurch „ein zusätzliche Druck auf Tarifverträge entsteht, noch weniger zu zahlen“. taz/dpa