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: In der Reihe Amadeus Amadeus wird Mozart digital

In diesen Wochen kann man Sonntags um elf Uhr morgens im Viertel Merkwürdiges erleben. In der Schauburg bildet sich eine Schlange, die bis auf die Straße hinausreicht. Sie besteht aus typischen BildungsbürgerInnen, denen man ansieht, dass viele von ihnen sich nur ausnahmsweise aus Schwachhausen und Oberneuland in die verruchten Gegenden ihrer Stadt gewagt haben. Ein typisches Opernpublikum, das man sonst nie in einem Programmkino erwarten würde. Für Mozart frösteln sie auf dem Gehsteig, denn in der Filmreihe „Amadeus Amadeus“ werden die vier Opern des Komponisten sowie zum Abschluss die „Messe in C-Moll“ gezeigt.

Im vorigen Jahr wurden das Atlantis und die Schauburg mit digitalen Projektoren ausgerüstet, auf denen regelmäßig Dokumentarfilme gezeigt werden sollten. Unter dem Namen „Delicatessen“ erfüllte dieses Projekt nicht die Erwartungen der Kinobetreiber, denn selbst bei Filmen von solch bekannten Filmemachern wie Werner Herzog und Volker Köpp blieben die Kinos leer. Eine Nebennutzung der hochmodernen Ausrüstung erwies sich dagegen als Kassenknüller. Da der digitale Filmverleih Salzgeber mit der Deutschen Grammophon cooperiert, hat er Zugang zu deren riesigen Lager mit Filmen, Fernsehaufzeichnungen und Videos von klassischen Konzerten und Opern. Diese werden digital überspielt, akustisch neu abgemischt und dann in einer zum Teil erstaunlichen Bild- und Tonqualität in den Kinos aufgeführt. So wurde zuerst an vier aufeinanderfolgenden Sonntagen Wagners Ringzyklus in der legendären Bayreuther Inszenierung von Patrice Chéreau aus den 70er Jahren projiziert, und alle Vorführungen waren ausverkauft. Seit Anfang Januar wird nun die zweite Staffel mit klassischen Aufführungen klassischer Musik gezeigt. Und zum Auftakt des Mozart-Jahres ist das Publikum noch hungrig nach seinen Kompositionen, die uns allen wohl in ein paar Monaten aus den Ohren herausquellen werden. Gleich am 1. Januar begann die Reihe mit der „Entführung aus dem Serail“ in einer Aufnahme aus der Bayrischen Staatsoper aus dem Jahr 1980. Am letzten Sonntag wurde „Don Giovanni“ in einer Produktion der Salzburger Festspiele aus dem Jahr 1954 mit dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler gezeigt, und dazu kamen etwa 200 ZuschauerInnen, die das Kino gut füllten. Damals wurde die Aufführung auf 35-mm Film gedreht und noch in PCM-Mono aufgenommen, doch überraschenderweise war der Ton besser als das Bild. Schnelle Bewegungen der Akteure auf der Bühne wirkten nicht organisch fließend sondern mechanisch abgehackt - das digitale Bild sieht manchmal leider noch ziemlich digital aus.

Doch diese Einschränkung trübt das Vergnügen an Mozarts Musik kaum. Am nächsten Sonntag wird eine Wiener Studioproduktion von „Così van Tutte“ aus dem Jahr 1969 gezeigt, bei der Karl Böhm dirigierte und die besten SängerInnen jener Zeit wie Gundula Janowitz und Hermann Prey zur Verfügung standen. In der Woche darauf kann man dann eine „Live-Aufnahme“ aus der Bayrischen Staatsoper aus dem Jahr 1980 von der „Zauberflöte“ sehen und hören, bei der die beiden tschechischen Sängerinnen Edita Gruberova und Lucia Popp in den weiblichen Hauptrollen glänzten. Den Abschluss dieser Filmreihe bildet dann am 29. 1. die „Messe in C-Moll“. Mozarts geheimnisvolle Requiem wurde 1990 von Leonard Bernstein wenige Monate vor dessen Tod mit dem Chor und Orchester des bayrischen Rundfunks in der Barockkirche von Waldsassen eingespielt. Ab Februar gibt es dann in jedem Monat eine weitere konzertanten Filmausführung in der Schauburg: „Peter und der Wolf“ , „La Boheme“ und „Tristan und Isolde“ sind schon auf der Festplatte gespeichert. Wilfried Hippen