Der Staat will nur Hetero-Ehen schützen

Lettisches Parlament verabschiedet Verfassungsergänzung. Staatspräsidentin versucht, den Schaden zu begrenzen

STOCKHOLM taz ■ Der staatliche Schutz von Ehe und Familie beziehe sich „nur auf die Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau“. Diese Verfassungsergänzung, die das Parlament in Riga unlängst verabschiedete, soll nach dem Willen ihrer InitiatorInnen Lettland vor der Umsetzung von EU-Antidiskriminierungsdirektiven „schützen“, so weit diese mehr Rechte für Homosexuelle zum Inhalt haben.

Es war wohl die Aufregung, die die erste Gay-Pride in Riga 2005 ausgelöst hatte, die viele PolitikerInnen das populistische Potenzial dieses Themas vor den Parlamentswahlen im Herbst entdecken und die Verfassungsänderung initiieren ließ. Drei von vier LettInnen sehen laut Umfragen homosexuelles Verhalten als „abnormal“ an. Sie können sich eine auch nur annähernde Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Partnerschaften nicht vorstellen.

Von den nationalistischen Parteien bis zu denen der russischen Minderheit bestand in dieser Frage im Parlament Einigkeit. Als es in zweiter und dritter Lesung drei bzw. sechs Gegenstimmen gab, wurden diese mit „Schande“-Rufen quittiert.

Präsidentin Vaira Vike-Freiberga bemühte sich um Schadensbegrenzung: „Die Verfassungsänderung kann jederzeit wieder vom Parlament abgeändert werden.“ Keine Vorteile für Lettland vermöge sie in dem neuen Gesetz zu sehen, befand sie und sprach von „Intoleranz“ und „ausgeprägter Homophobie“. Demonstrativ nahm sie das Thema auch in ihre Weihnachtsansprache im Fernsehen auf: „Was in der Privatsphäre der Menschen vor sich geht, geht niemand anderen etwas an.“

Für die lettischen Homoorganisationen ist ein solches Staatsoberhaupt ein politischer Lichtblick. Deshalb setzen sie ihre Hoffnung auf die EU. Sie wollen vor EU-Kommission und Europaparlament aktiv werden und beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof klagen. Die „Gay and Lesbian Rights Intergroup“ im EU-Parlament will die LettInnen unterstützen. Ihr Vorsitzender Michael Cashman hat die EU-Kommission aufgefordert, gegen die Missachtung der Bürgerrechte von Homosexuellen zu protestieren. Die Intergroup-Vizevorsitzende Sophie In’t Veld spricht von der Notwendigkeit, „rechts orientierten und homophoben Elementen in der europäischen politischen Szene zu begegnen“. Demgegenüber hofft Familienminister Ainars Bastiks sogar auf eine Vorreiterrolle Lettlands in Sachen Konservatismus. „Wir wollen auch im Hinblick auf andere konservative Gesellschaften ein Zeichen setzen und beweisen, dass wir unsere Werte bewahren können“, sagte er. REINHARD WOLFF