Bombenstimmung

MINEN VOR KIEL

Tausendmal passiert, tausendmal ist nichts passiert: Seit dem Zweiten Weltkrieg passierten Frachter und Tanker, die Fähren nach Skandinavien und ins Baltikum sowie unzählige Jachten und Segelboote vor der Kieler Förde ein Ostseegebiet, ohne dass etwas passierte. Jetzt entdeckte die Bundesmarine bei neuerlichen Sonarmessungen, dass dieses Areal vermint ist: Zwölf englische Grundminen in 18 Meter Tiefe, zwischen 275 und 425 Kilogramm schwer, gefährden nach Einschätzung der Behörden die Sicherheit der Schifffahrt und sollen deshalb in den nächsten drei Wochen entschärft werden. Die Route wurde verlegt und ein Sperrgebiet eingerichtet.

Die Schiffsroute von und nach Kiel und zum Nord-Ostsee-Kanal gehört mit etwa 40.000 Schiffsbewegungen pro Jahr zu den meistbefahrenen in der Ostsee. Die Minen liegen direkt in dieser Wasserstraße, etwa sechs Kilometer nordöstlich des Festlands in der Nähe eines seit Langem bekannten Munitionsversenkungsgebietes, das zwar unter Wasser liegt, aber dennoch Kolberger Heide genannt wird. In diesem Areal, nicht weit vor den Badestränden der Ostseebäder Schönberg und Kalifornien, sind 4.883 Objekte amtlich registriert, etwa 800 bis 1.000 davon dürften Munition sein. Jetzt ist ein weiteres Dutzend dazugekommen.

In diesen Tage läuft die ebenso aufwendige wie riskante Beseitigung der Grundminen an, die englische Flugzeuge im Krieg abgeworfen hatten. Fünf Marinetaucher und sämtliche sechs Taucher des Kampfmittelräumdienstes Schleswig-Holstein sollen eine Methode anwenden, die bereits vom Kampfmittelräumdienst in Hamburg erfolgreich angewandt worden ist, für Schleswig-Holstein wäre es der erste Einsatz dieser Art.

Sie sollen an den Minen kleine Sprengladungen anbringen. Per Kabel sollen diese gezündet und so der Zündmechanismus von der Sprengladung der Mine getrennt werden. Dann sollen die entschärften Grundminen in das angrenzende Versenkungsgebiet Kolberger Heide geschleppt werden. Soweit die Theorie.

„Sollten die Taucher entscheiden, dass das Befestigen einer sogenannten Schneidladung zu gefährlich ist, müssen die Grundminen gesprengt werden“, erklärt Jürgen Kroll vom Kampfmittelräumdienst beim Landeskriminalamt. In diesem Fall würde die Schifffahrtsroute für die Sprengungen kurzzeitig komplett gesperrt werden müssen.

Dann kann es ordentlich Bumm machen, ohne dass groß etwas passiert. Und danach gilt wieder die These, dass das Schönste an Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt die Fährlinien nach Skandinavien sind.  SMV