Jude ist nicht automatisch Israeli

betr.: „Scharon bewegt Berlin“, taz vom 7. 1. 06

Auf Seite 25 wird angekündigt: „In Berlin lebende Israelis halten sein Ausscheiden aus der Politik für einen Verlust. Die meisten Palästinenser sehen das anders.“ Gespannt schlage ich Seite 26 auf und beginne die Lektüre.

Es wäre interessant gewesen, wenn es gelungen wäre, Stimmen von in Berlin lebenden Israelis und Palästinensern einzufangen. Stattdessen wird einzig der in Berlin lebende israelische Botschafter Amit Gilad zitiert. Eine palästinensische Stimme fehlt gar. Stattdessen werden die Aussagen von drei prominenten Berliner Juden zitiert. Neuigkeiten erfährt der Leser, der die taz vom Freitag aufmerksam gelesen hat, nicht. Interessant ist der Ausdruck des Artikels, der sehr an die Bild-Zeitung erinnert: „Jetzt werden die politischen Karten neu gemischt.“ Olmert muss „einen Sieg einfahren“. Es wird vom „Todeskampf“ Scharons gesprochen. Schade, die Überschrift mit dem Untertitel klang spannend. Von der taz hätte ich etwas anderes erwartet. SANDRA WESTERBARKEI, Berlin

betr.: „Berlin blickt nach Jerusalem“, taz vom 7. 1. 06

In Ihrem Artikel schreiben Sie, dass in Berlin lebende Israelis unterschiedliche Ansichten zur Nachfolgefrage Ariel Scharons haben. So weit so gut: Schade nur, dass in ihrem Artikel nur ein einziger Israeli zu Wort kommt, nämlich Amit Gilad, Sprecher der israelischen Botschaft. Weder Albert Mayer noch Isaak Behar sind Israelis, sondern sie sind in Deutschland lebende Juden. Und Christian Böhme, Chefredakteur der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine ist auch das nicht.

Ihr Artikel erinnert an die Erfahrungen Ignatz Bubis’, der öfters erzählte, wie erstaunt sogar wohlmeinende Gesprächspartner waren, wenn er ihnen auf die Frage, wie es seinem Präsidenten gehe, antwortete, dass es Roman Herzog seines Wissens gut gehe. Kurzum: Jude ist nicht automatisch Israeli genauso wie nicht jeder katholische Christ die Staatsangehörigkeit des Vatikans besitzt. Wenn diese Binsenweisheit auch bei der taz angekommen ist, wären wir schon einen Schritt weiter. URIEL KASHI, Berlin

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.