Wenn das Unmögliche passiert

AUFBÄUMEN Die TSG Hoffenheim rettet sich durch zwei späte Elfmetertore bei Vizemeister Dortmund in die Relegation

DORTMUND taz | Morgen startet ein Flugzeug mit der deutschen Nationalmannschaft zur Reise in die USA. Das Finale der Champions League zwischen München und Dortmund nötigte Bundestrainer Joachim Löw zu Nominierungen, die eher durch Verfügbarkeit als Leistungsvermögen erklärbar sind. So fand sich auch Andreas Beck auf der Liste, obwohl der Verteidiger eine schwache Saison bei der TSG Hoffenheim spielte und dadurch nicht einmal negativ hervorstach. Auf die Länderspiele muss Beck jedoch verzichten, weil plötzlich zwei weitere Spiele mit seinem Klub anstehen. Die TSG trifft am Donnerstag zunächst im eigenen Stadion auf den 1. FC Kaiserslautern. Das Rückspiel der Relegation wird am Montag darauf beim Tabellendritten der 2. Bundesliga ausgetragen.

Die Chance, eine schwache Saison zu retten, kam am Pfingstsamstag für den Klub aus dem Kraichgau noch überraschender als Löws Nominierung von Beck. Bis zur 77. Minute vermittelte die TSG den Eindruck, als sei der Abstieg ein Schicksal, gegen das es sich nicht zu wehren lohne. Borussia Dortmund führte mit 1:0 und hatte beste Chancen für weitere Treffer ausgelassen. Dann drehte Sejad Salihovic mit zwei Foulelfmetern (77., 82.) das Spiel. Der BVB versuchte verzweifelt, die Masse der deutschen Fußballfans zu befriedigen und das ungeliebte Projekt Hoffenheim in die 2. Liga zu schicken. Beinahe wäre es auch noch gelungen, doch in der 94. Minute nahm Schiedsrichter Jochen Drees einen Treffer wegen einer Abseitsstellung zurück, den er zunächst anerkannt hatte. Mehr Drama geht kaum.

„Die Endphase war das Irrste, was ich je erlebt habe. So viel Adrenalin hatte ich noch nie im Körper“, sagte Sven Schipplock, der vor dem zweiten Strafstoß gefoult worden war. Dortmunds Torwart Roman Weidenfeller sah dafür die Rote Karte, und weil der BVB schon dreimal gewechselt hatte, ging Feldspieler Kevin Großkreutz ins Tor. „Ich dachte, ich halte den Elfmeter“, sagte der gebürtige Dortmunder, der viele Freunde auf der Südtribüne hat. Dort wurde das Ergebnis mit Entsetzen aufgenommen. Der Hass auf die Hoffenheimer und deren Gönner Dietmar Hopp hatte sich in einem niveaulosen Plakat konzentriert. Es zeigte Hopp im Fadenkreuz. Auch wegen der erwarteten Schmähungen hatte der milliardenschwere Mäzen auf einen Spielbesuch verzichtet. Am Sonntag äußerte er sich dann kurz: „Das scheinbar Unmögliche ist passiert.“ Er sei „dankbar für die Chance, die Relegationsspiele bestreiten zu dürfen“. Trainer Markus Gisdol, der mit drei Siegen, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen eine sehr ordentliche Bilanz aufweist, mahnte nach dem kurzen, euphorischen Jubel: „Wir müssen jetzt ruhig und klug bleiben.“

MARCUS BARK