Gbagbo lenkt ein, seine Anhänger warten ab

Präsident der Elfenbeinküste fordert seine demonstrierenden Anhänger auf, „nach Hause zu gehen“. Doch die Unruhen gehen weiter

BERLIN taz ■ Wie viel Macht hat der Präsident der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, noch über seine bewaffneten Anhänger, die in den letzten Tagen praktisch die Kontrolle über die Hauptstadt Abidjan übernommen haben? Gestern hielten Demonstrationen der Gbagbo-treuen „Jungen Patrioten“ an, obwohl Gbagbo seine Anhänger in der Nacht zuvor dazu aufgerufen hatte, „nach Hause zu gehen“. Doch die Versammlungen waren kleiner als an den Vortagen.

Nach einem Treffen mit Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo am Mittwochabend hatte Gbagbo zusammen mit dem parteilosen Premierminister Charles Konan Banny und dem Chef der UN-Mission, Pierre Schori, die „Bevölkerung“ aufgerufen, „sich von den Straßen zurückzuziehen und nach Hause zu gehen“. Zur Besänftigung der Milizionäre wurde die jüngste Erklärung des internationalen Elfenbeinküste-Friedenskomitees GTI (Internationale Arbeitsgruppe), wonach die Amtszeit des ivorischen Parlamentes abgelaufen sei, in zweideutiger Weise zurückgenommen: „Das GTI hat nicht die Macht, das Parlament aufzulösen. Das GTI hat das Parlament nicht aufgelöst.“ Das allerdings hatte auch niemand behauptet. Das GTI hatte bei seinem letzten Treffen am Sonntag lediglich festgestellt, das Parlament der Elfenbeinküste sei im Dezember 2000 für fünf Jahre gewählt worden und seine Amtszeit sei abgelaufen; nun müsse über das weitere Schicksal der Parlamentarier entschieden werden.

Gbagbos Partei FPI (Ivorische Volksfront) hatte dennoch die GTI-Erklärung als „Putsch“ gewertet, am Dienstagabend den Friedensprozess aufgekündigt und den „nationalen Befreiungskrieg“ ausgerufen. Das hat sie jetzt trotz Gbagbos Einlenken nicht explizit zurückgenommen. Nach unbestätigten Berichten zirkulierten gestern unter FPI-Aktivisten SMS-Nachrichten, die dazu aufriefen, sich für eine Operation des Militärs bereitzuhalten. Milizionäre besetzten das Gebäude des Staatsfernsehens. Die Rebellen, die den Nordteil der Elfenbeinküste kontrollieren, beriefen für gestern Abend eine Krisensitzung in ihrer Hauptstadt Bouaké ein.

Gestern Abend sollte der UN-Sicherheitsrat zu Dringlichkeitsberatungen zur Elfenbeinküste zusammentreffen. Frankreich verbreitet nach Presseberichten einen Resolutionsentwurf, der die Ende 2004 beschlossenen UN-Sanktionen gegen ivorische Kriegstreiber tatsächlich in Kraft setzen soll. Die Sanktionen könnten auch erstmals den Kakaosektor empfindlich treffen – die Haupteinnahmequelle der ivorischen Regierung, deren Rolle in der Kriegsfinanzierung jetzt allmählich deutlich wird. Die internationalen Kakaopreise stiegen bereits kräftig an. D.J.