„Immer noch Schlupflöcher“

LESUNG „Aus der Reihe tanzen“ heißt die aktuelle Irrturm-Ausgabe – fünf AutorInnen lesen aus ihr

■ 43, ist Sozialpädagoge und Koordinator der Zeitungsinitiative „Irrturm“.

taz: Herr Petersen, der Irrturm feiert 25. Geburtstag – ist Ihre Sonderausgabe zum Thema Zwangsbehandlung extra zum Jubiläum erschienen?

Jörn Petersen: Nein, schon im vergangenen Jahr, aber da sich die Gesetzeslage geändert hat, haben wir im April eine aktualisierte Version herausgebracht.

Hat sich denn etwas verbessert für psychisch erkrankte Menschen?

Ja, zumindest aus unserer Sicht.Die Hürden für eine Zwangsbehandlung sind höher geworden, sie darf auch nicht mehr zeitlich unbegrenzt angewendet werden. Aber die neuen Gesetze sind sehr schnell durchgepeitscht worden, fast ohne Beteiligung der Betroffenenverbände, und es gibt leider immer noch sehr viele Schlupflöcher. Ob und wann jemand zwangsbehandelt wird, ist noch immer sehr vom jeweiligen Psychiater und Richter abhängig.

Bleibt es denn bei der einmaligen Sonderausgabe?

Nein, wir wollen jetzt jedes Jahr eine machen, denn der Irrturm selbst hat ja eher einen Lesebuch-Charakter. Die Sonderausgabe ist politischer, konzentriert sich tiefer auf ein Thema und soll sich mehr an ein Fachpublikum wenden. Die nächste Ausgabe beschäftigt sich übrigens wieder mit dem Thema Zwangsbehandlung, diesmal allerdings damit, wie man sie verhindern kann.

Kann man das denn?

Ja, zumindest teilweise durch Selbstfürsorge, mehr Verantwortung für den eigenen Zustand und durch aktives Mitwirken, zum Beispiel der Forderung nach besseren Medikamenten oder Therapien. Es gibt Menschen, die aufgrund eines guten sozialen Umfeldes und guter Selbstbeobachtung trotz Psychose noch nie in der Psychiatrie waren.

Morgen lesen Sie aus dem aktuellen, aber nicht mehr neuen Irrturm – wann gibt’s den nächsten?

Wir lesen auch Texte, die nicht im Irrturm zu finden sind – mit Livemusik. Und der nächste Irrturm ist in Arbeit. In diesem Jahr kommen auch Texte über einen Schreibwettbewerb hinein – da kann man sogar was gewinnen! Interview: SCHN

15 Uhr, Galerie im Park, Klinikum Bremen-Ost