DIE WERBEPAUSE
: Ein kleines bisschen Schuldbewusstsein

Die Welt hat ein Problem. In Ländern wie Niger oder Mali kann nicht einmal die Hälfte aller Jugendlichen lesen und schreiben. Mit Büchern können sie nichts anfangen, mit Beipackzetteln ebenso wenig. Und ihr Analphabetismus verhindert den sozialen Aufstieg. Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, stemmt sich gegen das Problem. Es baut Schulen und schafft Unterrichtsmaterialien ran. Bei der Geldbeschaffung für diese Projekte hilft neuerdings die Hamburger Luxusbürobedarf-Manufaktur Montblanc mit ihrer Kampagne „Signature for good“. Bei jedem verkauften Füller, mit jedem Rollerball, der über den Ladentisch wandert, gehen 10 Prozent des Verkaufserlöses an Unicef.

Auf dem Foto der Montblanc-Kampagne sind drei Kinder in ihrer schnieken Schuluniform zu sehen. Alle lachen. Die Kinder sind so gekleidet, als würden sie gerade auf dem Pausenhof eines englischen Eliteinternats die Pause verbringen. Dazu suggeriert der Slogan: Wer mit einem filigran gefertigten Schreibgerät seinen Karl Gustav unter irgendwas setzt, vollbringt eine gute Tat. Mit diesem Bildungsideal, so glauben die Verantwortlichen, können sich die Kunden identifizieren, die ein auch halbes Vermögen für Luxusnippes ausgeben – damit sie ihren Kindern beim eigenen Ableben was Ordentliches hinterlassen können.

Dass das Schreibwerkzeug deutlich mehr als 500 Euro kostet, steht natürlich nirgends. Bilder von hungernden Analphabeten aus dem Tschad würden nur stören und den Kunden auf falsche Gedanken bringen. Es geht nur um ein kleines bisschen Schuldbewusstsein. Mit dem Unicef-Logo wird der Füller zum Ablassbrief. CHRISTIAN FLEIGE