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Der Start in die Zukunft der neuen Livewoche nimmt einen Umweg über die Vergangenheit. Da gab es doch mal eine Band mit dem Namen Geisterfahrer. Die spielte schon 1979 Musik, deren Keyboards und düstere Elegien so wenig mit dem zackig punkigen Zeitgeist zu tun hatten, dass sie bei einer der üblichen Zusammenrottungen (vulgo: Festival) gleich von der Bühne gepöbelt, manche erzählen gar: geprügelt wurden. Das machte den Geisterfahrern nicht viel aus, denn sie waren jung und hatten kurz darauf den ersten Majorvertrag der frischen Neuen Welle in der Tasche. Dass der dann nicht so lange lief, können die Herren heute mit historischer Kurzsichtigkeit entschuldigen, denn inzwischen gilt die Band als wegweisendes Bindeglied zwischen Punk und New Wave, und für die Platten wird bei eBay tüchtig Zaster gelassen. Derart gestärkt, wollen es Geisterfahrer nun nicht bei einem Reunion-Konzert (vergangenes Jahr im Hafenklang) belassen, sondern stellen sich gleich wieder auf die Bühne. Die Spätgeborenen werden‘s ihnen danken, die Tresennachbarn von damals kommen sicher auch gerne.

Als der Australier Ben Lee sein Debütalbum veröffentlichte, suchten viele seiner Freunde noch nach der richtigen Aknecreme. 16 Jahre war Lee 1993 und doch schon bei einem Auftritt in der ortsansässigen Bibliothek und mit Songs darüber, wie gerne er Evan Dando wäre, entdeckt worden. Inzwischen hat sich das Bürschelchen zu einem erfolgreichen Songwriter ausgewachsen. Bei den Grammy-Antipoden, den Aria-Awards, gehört Lee vergangenes Jahr zu den großen Gewinnern. Und kommt jetzt mit einer nicht mehr ganz so schlecht aufgenommenen Platte auf Tour.

Um die ehemals doch so nachtaktiven Damen von TGV dagegen war es zeitweise etwas stiller geworden. Verpflichtungen zwischen Zweitband, Erstkind und Altersträgheit forderten ihren Tribut. Doch inzwischen nimmt der dreiköpfige Triebwagen wieder Fahrt auf, und die Band, die in ihren hysterischsten Momenten wie eine hanseatische Version der No-Wave-Göttinnen The Scissor Girls klingt, spielt auch wieder live. Wenn die nicht aufpassen, bringen sie auf einmal noch tatsächlich ihr Debütalbum raus.

Der Exotenbonus wiederum gehört ja inzwischen im Fußball wie in der Musik zu den vom Aussterben bedrohten Worten. Von Drittligisten, die den Pokal aufmischen, bis zu Flamencobands aus Island gibt‘s ja nix, was es nicht gibt. Da kommen King Ly Chee gerade recht. Die Band spielt grundsoliden Hardcore-Punk und kommt doch aus China. Das klingt nicht schrecklich neu, aber als Kulturvoyeur kann man sich hier mal eine „Keep It Real“-Portion abgucken und dabei hoffentlich noch lernen, was Stagediving auf Chinesisch heißt. Gregor Kessler

The Geisterfahrer / Das Weeth Experience: 26.1., 20 Uhr, Knust Ben Lee: 27.1., 19 Uhr, Prinzenbar TGV / Abbau West / Poster Project: 29.1., 20 Uhr, Knust King Ly Chee / Velvet Stab: 31.2., 21 Uhr, Hafenklang