Die Rückkehr der Störche

AUFSTIEG Holstein Kiel schafft mit einem 2:1-Sieg bei Hessen Kassel den Sprung in die Dritte Bundesliga

Selten war die Chance der Kieler „Störche“ so groß, aus dem langen Schatten des Handballs herauszutreten. Am Tag, als der THW nach seinem Champions-League-Aus seine Wunden leckte, feierten die Fußballer von Holstein Kiel ihre Rückkehr in den Profi-Betrieb. Der Vorsprung aus dem 2:0-Hinspiel-Sieg im heimischen Holstein-Stadion wurde im Aufstiegsrückspiel zur Dritten Liga bei Hessen Kassel am Sonntag souverän mit einem 2:1-Sieg verteidigt; nun ist Schleswig-Holstein nach langer Abstinenz wieder im Profi-Fußball vertreten.

Die Fans des KSV Holstein Kiel bewiesen bis dahin eine geradezu übermenschliche Geduld: Ihren einzigen Meistertitel holten die Kieler im Jahr 1912, und das an der Hamburger Hoheluft. „Holzbein“ – so von Anhängern insbesondere des Rivalen VfB Lübeck veralbert – verpasste 1965 zudem den Aufstieg in die Bundesliga trotz eines 4:2-Erfolges gegen Mönchengladbach.

Für die Kieler begann ein Auf und Ab auf wesentlich kleineren Bühnen. Selbst der Abstieg aus der Dritten Liga mit rekordverdächtigen 48 Punkten ist auch schon wieder sechs Jahre her.

Mit einer Bündelung der lokalen Kräfte – die kleineren Klubs TuS Felde und TSV Altenholz überließen Holstein ihre Sponsoren – sowie der Akquise einer investitionsfreudigen Supermarkt-Kette als Trikotsponsor wurde zwischen 2000 und 2005 die Grundlage geschaffen, die sich nach drei Jahren in der Regionalliga Nord mit dem Aufstieg nun bezahlt machte. In der Nachwuchsarbeit sind die Kieler sogar noch weiter oben etabliert: Die U 19 und die U 17 der Störche mischen in den Junioren-Bundesligen mit.

Vertreter der Meistermannschaft von 1912 konnten die Störche nicht mehr nach Kassel begleiten, immerhin aber waren mit Thorsten Neumann und Kopfballungeheuer Immo Stelzer zwei Zweitliga-Aufstiegshelden von 1978 unter den 2.500 mitgereisten Kieler Fans. Sie sollten die Fahrt nicht bereuen. Den Hinspielsieg im Rücken, baute Marc Heider (19.) mit dem 1:0 die Gesamtführung aus, der 1:1-Ausgleich durch Kassels Stefan Müller (45.) unmittelbar vor der Pause sorgte nur kurzzeitig für Verwirrung. Das 2:1 durch Marcel Gebers brachte die Mannschaft von Trainer Thorsten Gutzeit wieder in Führung und vermittelte den Fans Sicherheit. „Nie mehr Vierte Liga“, waren sich die Sprechchöre sicher. „Die Strukturen sind wirtschaftlich und sportlich gegeben“, glaubt Kiels Knipser Fiete Sykora: „Wir wollen nicht nur ein Jahr in der Dritten Liga dabei sein.“ Die hohe Zahl der mitgereisten Fans war für Holstein-Geschäftsführer Wolfgang Schwenke eine erfreuliche Zukunftsperspektive: „Kiel hat Lust auf Fußball.“

Getrübt allerdings wurde diese Lust durch zahlreiche Störche-Fans, die bereits vor dem Schlusspfiff an den Spielfeldrand gelangten. Es kam es zu Handgreiflichkeiten mit Anhängern des unterlegenen Gegners; die Polizei musste eingreifen. DIRK SCHNEIDER/FOLKE HAVEKOST