Schlammbefreit

INTERAKTION Am Sonntag endete das Springfestival Graz. Thema dort: Visionen für die digitale Zukunft

Altstadt-Locations statt aus dem Acker gestampfte Open-Air-Bühnen und Zeltlandschaften. Flanieren und diskutieren statt Schlammbaden wie auf dem Mecklenburger Musikfest Fusion: Das Grazer Springfestival ist in seinem mittlerweile dreizehnten Jahr zum bedeutendsten Festival seiner Art geworden – auch dank seines hochkarätigen Line-Ups, zu dem 2013 so unterschiedliche Musiker wie Allroundtalent Chilly Gonzales, die Elektromusiker Apparat und Mouse on Mars, das Brooklyner Duo Light Asylum oder Rapper Mikky Blanco gehörten.

Seit 2011 wird neben den musikalischen Acts auf der zum Festival gehörenden Konferenz für elektronische Kunst, Technologie und Design auch Superstars der digitalen Kunstwelt eine Plattform geboten: Zwei Nachmittage referieren sie über ihre Arbeiten, multimediale Spieltriebe und die Neukreationen technischer Tools. „Springessions“ nennen sich diese Redebeiträge und Panels, bei denen es um die Verschränkung von Technologie und digitaler Kunst geht.

4-D und Mäusehirne

„Stiehlt die digitale Kunstelite mittlerweile der Wissenschaft die Show?“, fragt man sich bereits nach dem ersten Nachmittag im Auditorium des Universalmuseums Joanneum. Angst vor der Zukunft scheinen die Vortragenden der zweitägigen Vortragsreihe jedenfalls nicht zu haben – ob nun der interaktive Regisseur Anrick Bregman von seinem Projekt „Find your way to Oz“ schwärmt, für das ein Maushirn als Wirbelsturmreferenz herhalten musste, oder der Designkünstler Bradley G. Munkowitz alias Gmunk mit leuchtenden Augen holografische 4-D-Gebilde präsentiert.

Technologie und Körper

Fast schon etwas zu überschwänglich bringt der bildende Künstler und Musiker Memo Akten diese Stimmung auf den Punkt, wenn er seinen Standpunkt verdeutlicht, neueste Technologien und Tools wären definitiv als Verlängerung des menschlichen Körpers zu begreifen. Dabei greift er auch auf analoge Beispiele zurück: Was wäre zum Beispiel der elegantest geschwungene Konzertflügel ohne die in ihm ruhende Feinmechanik? Und was das Klavier ohne das Genie eines Pianisten wie Arthur Rubinstein?

Etwas weniger technisch und dennoch nicht analog wird es dann im Interview mit der Formation „Aufgang“: Die Pianisten Francesco Tristano und Rami Khalifé, Absolventen der Julliard School in New York, sehen sich gemeinsam mit Schlagzeuger Aymeric Westrich auf einer musikalischen Ebene. Im Gespräch mit dem Radiosender FM4 sinnieren sie über Produktionsbedingungen, Inspiration und den Weg hin zu einer Klangästhetik, oszillierend zwischen Klassik, Jazz und Elektronik. Und stellen ein paar Stunden später zu dritt die musikalische Wucht ihrer Kollaboration auf Augenhöhe unter Beweis.

LAURA WÖSCH