Ein Brite in Hamburg

David Montgomery übernimmt nach dem Berliner Verlag auch die „Hamburger Morgenpost“ – und damit die neben der taz einzige unabhängige Tageszeitung in der Axel-Springer-Stadt

AUS HAMBURG PETER LULEY

Die Belegschaft der Hamburger Morgenpost erfuhr am Freitagnachmittag um kurz nach drei von ihrem neuen Besitzer: Da informierte Chefredakteur, Geschäftsführer und Zehn-Prozent-Anteilseigner Josef Depenbrock Redaktion und Mitarbeiter in einer Ansprache über den Verkauf des Boulevardblatts an die BV Deutsche Zeitungsholding des britischen Medienhändlers David Montgomery.

Die kleinformatige Mopo bekommt also einmal mehr einen neuen Eigentümer. Einen, der schon beim heftig umstrittenen Einstieg beim Berliner Verlag (Berliner Zeitung, Berliner Kurier) im Oktober hatte verlauten lassen, dass dieser Coup erst den Beginn seiner Einkaufstour in Deutschland markiere.

Der Kauf bedarf noch der Zustimmung des Kartellamts, über den Preis schweigt man sich aus. Branchenkreise sprechen von rund 20 Millionen Euro und bezeichnen den Deal als folgerichtige Fortsetzung von Montgomerys „Buy and build“-Strategie. Vor allem mit dem Boulevardblatt Berliner Kurier ließen sich in Sachen Mopo Synergien erschließen – insbesondere Beilagen zu Themen wie Computer, Mobilfunk und Reise dürften künftig wohl für Hamburg und Berlin identisch sein. Gleichwohl soll sich personell zunächst nicht viel ändern, heißt es in einer Pressemitteilung. man kennt sich außerdem: Depenbrock hattebereits 1991–93 beim Berliner Kurier gearbeitet und kam als Chefredakteur des Anlagemagazins Cash zur Mopo.

Er hat nun zwar genauso wie Mehrheitseigner und Verleger Hans Barlach (90 Prozent) seine Anteile verkauft, wird aber Chefredakteur wie Geschäftsführer bleiben und sogar „zusätzlich Managementfunktionen in der Holding wahrnehmen“. Von Stellenabbau ist noch keine Rede. „Relativ ruhig“ habe dementsprechend das Kollegium die Nachricht aufgenommen, sagt Mopo-Wirtschaftsredakteur Heiner Klaffs – „soweit möglich, wenn man verkauft worden ist“.

„Wir sehen dem gelassen entgegen“, sagt auch der Betriebsratsvorsitzende Holger Artus: „Wenn die Vollredaktion erhalten bleibt, kommen wir gut miteinander aus; wenn der Politikmantel aus Berlin kommen soll, hat Montgomery uns zum Gegner.“ Man will sich von dem aus Nordirland stammenden Medienmogul, den die Mopo bei dessen Berliner Einkaufstour noch als „ ‚Heuschrecke‘ im Blätterwald“ bezeichnet hatte, nicht schrecken lassen. Manch einer findet sogar etwas Positives daran, einen finanzstarken Partner im Rücken zu haben für die künftigen Schlachten im hart umkämpften großstädtischen Zeitungsmarkt – falls etwa das Thema Gratiszeitungen noch mal konkrete Formen annimmt.

Viele meinen ohnehin, deutlich schlechter könne es mit der Mopo nicht mehr werden. Denn Depenbrock und Barlach beanspruchen zwar für sich, das Blatt durch rigorose Sparmaßnahmen wirtschaftlich stabilisiert zu haben. Doch sie stehen auch für journalistische Ausdörrung und haben die heutige Niedrigauflage zu verantworten.

In der Branche gelten sie als Hasardeure: Zuletzt fungierten sie als Strohmänner des Burda-Verlags, als sie von Gruner + Jahr die Programmzeitschrift TV Today übernahmen, die Redaktion entsorgten und den Titel an die Burdas Verlagsgruppe Milchstraße weiterreichten.

Die Rollenverteilung bei dem Duo ist klar: Der hemdsärmelige Corvette-Fahrer Depenbrock steuert zu den Deals das redaktionelle Management bei, der vom Verlagswesen unbeleckte Porschefahrer Barlach das Geld.

Besondere Pointe am neuen Deal: Im Aufsichtsrat der BV Deutsche Zeitungsholding sitzt als Stellvertreter Montgomerys Gerd Schulte-Hillen. Und der hatte als G+J-Vorstandvorsitzender das Blatt – genauso wie zuvor die Berliner Zeitung – für seinen damaligen Verlag schon einmal gekauft hat. Die Mopo scheint ihn einfach nicht loszulassen.