Hanseatisches Understatement

Der Architektenwettbewerb um das neue Bürohaus am Teerhof geht in eine zweite Runde: Stadtplanerische Paukenschläge erhalten eine Absage, ins Finale kommen Speicher- und Rostoptik

Bremen taz ■ „Der Platz ist so schön, da muss kein Paukenschlag hin“, findet Senatsbaudirektor Uwe Bodemann. Gemeint ist die Baulücke am Teerhof. Eine Investorengruppe um Brebau-Geschäftsführer Jürgen Lüthge hat sie mit einem Architektenwettbewerb zur Verschönerung freigegeben. Die beiden Entwürfe eines Bürohauses, die es in die Endauswahl geschafft haben, atmen hanseatisches Understatement. Spektakulären Glaspalästen und kühnen Quaderstapeleien hat die Jury aus Architekten, Stadtplanern und Investoren eine Absage erteilt.

Zwei Architekturbüros müssen jetzt noch einmal an ihren Entwürfen nachbessern, bevor die Jury endgültig entscheidet. Weiterhin im Rennen ist die dezente Lösung des Bremer Büros Haslob, Kruse, Partner (kleines Bild). Der sechsgeschossige, eher klotzförmige Entwurf passt sich der Höhe der umstehenden Gebäude an. Die Stahlfassade in Rost-Optik erinnerte die Jury an Schiffsrümpfe und schien ihr daher passend zum designierten Käufer, der Reederei Beluga.

Der dramatischere Entwurf des Kölner Architektenbüros Kister, Scheithauer, Gross sieht zwei speicherartige, unterschiedlich hohe Gebäude mit einer schmalen Schlucht dazwischen vor. Gelobt wurde, wie mit den beiden Gebäuden Alt- und Neustadt verbunden würden. Nachbesserungsbedürftig ist in den Augen der Jury der Zugang zur Tiefgarage für die Weserufer-Anwohner – ein Problem, das die Planungen am Teerhof bereits fast ein Jahr lang aufgehalten hat. Um den Eingang zur Garage, die sich unter dem Wasser befindet, zu verlegen oder den Bau zu erweitern, bedarf es der Zustimmung jedes einzelnen Anwohners. Viel zu aufwändig, meint Brebau-Geschäftsführer Jürgen Lüthge. Also muss eine zweite Tiefgarage gebaut und eine Lösung gefunden werden, bei der die Anwohner über das Reederei-Gelände ihre Garage erreichen können.

„Das ist wieder eine ruhigere, solidere Sprache für ein Aushängeschild Bremischer Stadtplanung“, kommentiert Florian Kommer, Sprecher der Architektenkammer, die Entscheidung. Er sieht sie in einer Linie mit dem geplanten Erweiterungsbau der Kunsthalle, wo ebenfalls ein schlichter, ökonomischer Entwurf das Rennen machte. Doch dürfe man nicht vergessen, dass das Gebäude „Dienstleister“ seines Innenlebens sei. Ökonomie, Nutzungsmöglichkeiten und Gestaltung zusammen betrachtet, sei die Lösung sicher kein Kompromiss, sondern ein „Optimum“.

Das Hamburger Architekturbüro Bothe, Richter, Teherani, das bereits mit seinem Entwurf eines gläsernen Hochhauses auf dem Teerhof gescheitert war, aber immerhin ein kleineres Wohnhaus auf dem Gelände bauen darf, hatte sich ebenfalls an der Ausschreibung beteiligt: Wieder mit einem kühnen Wurf. Diesmal sollten drei Baukörper übereinander gestapelt werden, die Fassade goldfarben glänzen. „Das überhöht den Standort“, findet Bodemann. Lüthge wird deutlicher: „Solche Gags verbrauchen sich schnell.“ Der Architekt Kai Richter nimmt das sportlich: „Wir haben versucht, die richtige Lautstärke zu finden. Die Jury sieht es anders.“

Annedore Beelte

Die Entwürfe sind vom 1.-10.2. im Foyer des Siemens-Hochhauses zu sehen.