Einsenktunnel hat die Nase vorn

Das Moderationsverfahren um den Bau des Wesertunnels in Seehausen ist gescheitert. Bausenator Eckhoff plädiert für die Spar-Variante. Damit droht sieben Häusern der Abriss. Interessengemeinschaft Seehausen sieht gute Chancen für eine Klage

Bremen taz ■ Das Moderationsverfahren in der Frage, wie die Weser in Seehausen untertunnelt werden soll, ist gescheitert. Bausenator Jens Eckhoff entschied daraufhin am Donnerstagabend, dem Bundesverkehrsministerium den anscheinend kostengünstigeren, von der Bauverwaltung und der Bremer Gesellschaft für Projektmanagement im Verkehrswegebau (GPV) favorisierten Vorschlag des Einschwimm- und Absenkverfahrens (E/A-Verfahren) zu unterbreiten. Die „Interessengemeinschaft Seehausen e.V.“ plädierte dagegen für einen Bohrtunnel, der unter der Weser hindurch gegraben werden soll. Die letzte Entscheidung liegt beim Bundesverkehrsminister.

„Es geht um große Emotionen“, kommentiert der Ex-CDU-Fraktionschef Peter Kudella, der vom Bausenator als Schlichter bestellt worden war. Der Konflikt entzündete sich an einem Versprechen des Senats von 1993, wonach das Dorf Seehausen vom Bau des Autobahntunnels nicht berührt werden sollte.

Durch das neue E/A-Verfahren zeichnete sich jedoch eine Möglichkeit ab, den Tunnel kürzer und, wie ein Gutachten bescheinigte, kostengünstiger zu bauen. Dabei würden vorgefertigte Betonteile einer Tunnelröhre in den Schlick der Weser geschwemmt. Mittlerweile hatten Neu-Seehausener genau auf der Höhe gebaut, wo nach den Planungen der Tunnelausgang sein könnte – im Vertrauen auf das Senatsversprechen.

„Der Absenktunnel würde eine Schneise durch das Dorf schlagen, der gewachsene Dorfcharakter wäre zerstört“, sagt Peter Kudella. Etwa fünf bis sieben Häusern am Deich droht der Abriss. Ihre Nachbarn hätten mit beträchtlicher Lärmbelästigung zu rechnen.

2004 entschied der Senat aufgrund eines Gutachtens, dass aus wirtschaftlichen Gründen das E/A-Verfahren anzuwenden sei. Die Moderationsrunde gab daraufhin zwei weitere Gutachten in Auftrag. Das Ergebnis: Auch hier zeichnet sich ein Kostenvorteil beim E/A-Verfahren ab, jedoch ein deutlich geringerer. Laut Kudella aber versetzten die neuen Gutachten dem Senat noch zwei „Ohrfeigen“: Dem ersten Gutachten wurden erhebliche Fehler nachgewiesen, außerdem ein fairer Wettbewerb zwischen beiden Verfahren eingefordert.

Unter Abwägung der Kostenfaktoren sowie der Vergleichspunkte „Verkehr und Sicherheit“, „Technik“, „Natur und Umwelt“ und „Städtebau“ kommt die Interessengemeinschaft zu dem Ergebnis, dass eine Klage nach Abschluss des Planfeststellungsverfahren „sehr gute Aussichten“ habe. Sprecher Hilmer Hagens ist zuversichtlich, nachweisen zu können: „Der Bohrtunnel ist auch wirtschaftlich das Beste.“

Der Bausenator zeigt sich offen für Kudellas Vermittlungsvorschlag, der sich auf das neue „Fernstraßenbaufinanzierungsgesetz“ stützt: Danach soll das Ausschreibungsverfahren für den Tunnelbau auch für solche Wettbewerber geöffnet werden, die von der im Planfeststellungsverfahren vorgesehenen E/A-Lösung abweichen. Danach könnte theoretisch ein Bauunternehmen den Zuschlag erhalten, das zu einem vergleichbaren Preis einen Bohrtunnel gräbt.

Als „nebulös“ und „juristisches Glatteis“ geißelt Hilmer Hagens diesen Vorschlag. Auf der Gegenseite formuliert man es zurückhaltender. „Es gibt keine rechtliche Absicherung dafür“, so GPV-Prokurist Heiko Gerken. Er sieht einer solchen Öffnung des Wettbewerbs gelassen entgegen. Entscheidend sei für ihn nicht die Art des Verfahrens, sondern der Preis.

Annedore Beelte